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#DEGunban: Bundesrat will Waffenrecht verschärfen


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Am 20.09.2019 tagte der Bundesrat und hat fast allen Empfehlungen der Ausschüsse wie auch allen Anträgen außer dem Antrag auf Messerverbote und Waffenverbotszonen zugestimmt. Es wurde – wie in der Vergangenheit – während einer Mammutsitzung nur eine einzige Rede gehalten. 

Wer erwartet hatte, dass die Ausschüsse die fehlerhafte Umsetzung der EU-Feuerwaffenrichtlinie im Gesetzentwurf anprangern würde, wurde enttäuscht. Keine Regelung, die wir moniert hatten, stieß auf Kritik bei den Ausschüssen oder dem Bundesrat:

  • Ständige Befürfnisprüfung
  • Verbot von privaten Salutwaffen
  • Kein erleichterter Erwerb von Verschlüssen, Gehäusen, Wechselschäften und -sets für Langwaffen
  • Nachtzielverbot
  • Verbot großer Magazine und deren Gehäuse

Es gab nur eine einzige Rücknahme: Die Vorderlader waren bereits im Juni von der vorgesehenen Erwerbsscheinpflicht befreit worden.

Stattdessen hat der Bundesrat noch einige “Schippen obenauf” gelegt. Zwar werden wenige Vorschläge des Bundesrats zu Gesetz, doch stammen von den sieben zusätzlichen Beschränkungen fünf aus den Ausschüssen. Das Parlament folgt oft den Empfehlungen seiner eigenen Ausschüsse. Von daher steigt die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung.

Ohne Bezug zur EU-Feuerwaffenrichtlinie wurde zudem beschlossen:

  • Regelabfrage beim Verfassungsschutz
  • Persönliche Abholung kann erzwungen werden
  • Bedürfnis für Sportschützen nach 10 Jahren nur mit Trainingsnachweis
  • Nachtsichtzielverbot
  • Anzeigenbescheinigung für Dekowaffen und Magazine wie WBK-Einträge behandeln (Antrag aus Sachsen-Anhalt)
  • Armbrüste den Feuerwaffen gleichstellen (Antrag aus Hessen)
  • Datenzugang zum NWR für Vollstreckungsbeamte
  • Verbesserung für Jäger bei invasiven Arten und Nutzung von Lichtquellen
  • Erleichterung der Anzeigepflicht für Finder, Erben, Gerichtsvollzieher
  • Anerkennung ausländischer Kennzeichnungen von SRS-Waffen
  • Verlängerung der Inkrafttretung des Gesetzes

Nicht angenommen wurden:

  • Schalldämpfer für Kleinkaliber
  • Kennzeichnung der Softairwaffen laut EU
  • Messerverbote und Waffenverbotszonen (Antrag aus Niedersachsen/Bremen)

Link zum Beschluss: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2019/0301-0400/363-19(B).pdf

Link zur Rede des hessischen Innenministers Beuth mit Bezug zum Mordfall Lübcke: Video

Bundesrat-Bild mit Revolver und Messer

Quelle: Bundesrat zu Top 41

Auch wenn es erfreulich ist, dass (zunächst) der Antrag aus Niedersachsen und Bremen zu Messer und Waffenverbotszonen nicht angenommen wurde, ist der “dickste Hund” neben den Magazinverboten (wir berichteten) die Regelabfrage beim Verfassungsschutz. Weshalb wir uns erneut damit heute beschäftigen.

Regelabfrage bei der “Geheimpolizei”

Der Bundesrat will allen Bürgern, die beim Verfassungsschutz gespeichert sind, die Waffenbesitzkarten entziehen. Wenn die Speicherung beim Verfassungsschutz als waffenrechtliche Unzuverlässigkeit gilt, bedarf es vor Gericht keiner aufwendigen Belege mehr.

Der hessische Innenminister Beuth glaubt, mit seinem Konzept zum Waffenregister einen wichtigen Etappensieg erreicht zu haben. In Beuths Modell sind die Waffenbehörden zur einer regelmäßigen Abfrage beim Verfassungsschutz verpflichtet, der wiederum antworten müsse. Auf diese Weise würden die Behörden per Gesetz zur Zusammenarbeit gezwungen. Beuth erinnerte daran, dass im Jahr 2016 ebenfalls auf hessische Initiative hin zumindest die Anforderungen für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit gesenkt worden seien. Seither sei nur noch ein auf Tatsachen begründeter Verdacht nötig, um eine Waffe zu entziehen oder die Besitzerlaubnis zu versagen. Die Erfahrung habe jedoch gezeigt, dass diese Regelung in der Praxis nicht ausreiche und geändert werden müsse.

FAZ vom 21.09.2019

Niemand will Extremisten legalen Zugang zu Waffen geben. Aber darf die Speicherung beim Verfassungsschutz bereits zur Regelunzuverlässigkeit (widerlegbare Vermutung) führen?

Seit 2013 versuchen einige Innenminister immer wieder die Regelabfrage beim Verfassungsschutz ins Waffengesetz einzubringen. Bisher wurde dies von der Bundesregierung immer wieder abgelehnt. Von daher ist die Empfehlung des Innenausschusses, der dieses unterstützt, mehr als bedenklich.   

 

Es gibt bereits eine Anti-Terror-Datei (ATD) und ein Rechtsextremisten-Datei (RED) für den Datenaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendienst (wir berichteten). Das BVerfG war besorgt, dass dort das Übermaßverbot verletzt werden könnte, befand jedoch, dass in Eilfällen solch eine Zusammenarbeit (als Ausnahme von der Regel) der Verfassung genüge. 

Das [Bundesverfassungs-]Gericht betonte, dass der Datenaustausch zwischen Polizeibehörden und Nachrichtendiensten die Ausnahme bleiben müsse und diesbezügliche Regelungen im Hinblick auf das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung „gesteigerten verfassungsrechtlichen Anforderungen“ unterlägen. Dies begründete das BVerfG mit einem aus den Grundrechten abgeleiteten informationellen Trennungsprinzip Grundlage einer Verbunddatei, die eine gemeinsame Datenerfassung und -nutzung durch Polizeibehörden und Nachrichtendiensten ermöglicht, muss nach Auffassung des Gerichts eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage sein, die zudem dem Übermaßverbot genügt.

Diesen Anforderungen genüge das ATDG bezüglich folgender Punkte nicht vollständig:

  • Bestimmung der beteiligten Behörden,
  • Reichweite der (als terrorismusnah) erfassten Personen,
  • Einbeziehung von Kontaktpersonen,
  • Nutzung von verdeckt bereitgestellten erweiterten Grunddaten,
  • Konkretisierungsbefugnis der Sicherheitsbehörden für die zu speichernden Daten und Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht.  

Daneben hielt das Gericht die uneingeschränkte Einbeziehung von Daten, „die durch Eingriffe in das Brief- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden“ für unvereinbar mit Art. 10 Abs. 1 GG und Art. 13 Abs. 1 GG.

Bundestag Drucksache 18/8060 Seite 88

Die Nichtbewilligung einer Waffenbesitzkarte, nur weil eine Person beim Verfassungsschutz gespeichert ist, weil sie irgendwann mal ein Konzert oder Demonstration besucht hat oder vor 10 Jahren Mitglied in einem Rockerclub oder einer Partei war, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist kein Eilfall, sondern ein operativer Eingriff und verstößt gegen unsere Verfassung! (Wir berichteten)

Der ehemaligen Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar kritisierte 2014, dass zu viele Informationen aus dem Umfeld der Verdächtigen gesammelt würden. Auch “Kontaktpersonen“ sind Teil der Anti-Terror-Datei:

Damit wird das Gebot der Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten durchbrochen. In derartigen Fällen kann die Polizei – unter Umständen ausschließlich gestützt auf weiche, d.h. gänzlich ungesicherte Erkenntnisse der Nachrichtendienste – polizeiliche (Zwangs-)Maßnahmen gegen einen Betroffenen ergreifen. Dies kann auch vollkommen unbescholtene Personen treffen, weil Nachrichtendienste bereits im Vorfeld der Gefahrenabwehr tätig werden. Aufgrund ihrer spezifischen gesetzlichen Aufgaben und Befugniszuweisung dürfen Nachrichtendienste auch Daten von sich objektiv rechtmäßig verhaltenden Personen erfassen, sofern tatsächliche Anhaltspunkte für eine vermeintliche Zuordnung dieser Personen zum Umfeld des internationalen Terrorismus bestehen. Da die Nachrichtendienste auch diese Daten in der Antiterrordatei speichern müssen, können die beteiligten Polizeibehörden hiervon Kenntnis erlangen, obwohl sie diese nach ihren Befugnissen nicht erheben dürften.
https://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/Themen/Sicherheit_Polizei_Nachrichtendienste/RegisterDatenbankenArtikel/Anti-Terror-Datei.html

Bundesdatenschutzbeauftragter fordert Pause bei Sicherheitsgesetzen

Viele Sicherheitsdateien des Bundes führen ein “Eigenleben”. Personen werden manchmal grundlos wegen eines Eintrags verdächtigt. Der Bundesdatenschutzbeauftragte will das ändern.

Nicht nur das BKA, sondern auch die Inlandsgeheimdienste der Bundesrepublik sammeln sogenannte “ermittlungsunterstützende Hinweise”. Damit werden Personen klassifiziert, zum Beispiel als “politischer Aktivist”oder “politisch motivierter Straftäter”. In vielen Fällen sind diese Eintragungen nicht einmal mehr quellenkritisch geprüft. Das bestätigt der 26. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit von 2016. In gar nicht so wenigen Fällen haben sich demnach Hinweise in den Sicherheitsdateien des Bundes als bloße Vermutungen eines Sachbearbeiters entpuppt. Es gab keinerlei Indizien, die einen solchen Eintrag gerechtfertigt hätten.

So kann aus einer persönlich motivierten Eintragung durch einzelne Beamte, die sich durch die Berichterstattung eines Journalisten “genervt” fühlen, die amtliche Erkenntnis über einen “gewaltbereiten Journalisten” entstehen – ohne Anhalt in der Wirklichkeit. Durch fehlende Protokollierungen, wie etwa der 25. Tätigkeitsbericht von 2012 belegt, kann häufig gar nicht mehr nachvollzogen werden, woher bestimmte Eintragungen oder Daten stammen und wodurch sie begründet sind. Die Sicherheitsdateien führen in diesem Fall ein fatales Eigenleben.

ZDF – heute vom 16.05.2019

Seit Jahren geht in Deutschland die Kriminalitätsrate zurück, doch die Befugnisse der Sicherheitsbehörden werden weiter ausgebaut. In seinem neuen Tätigkeitsbericht warnt der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber vor gesetzgeberischem Aktionismus – und vor kontrollfreien Räumen bei den Geheimdiensten.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) Ulrich Kelber hat in seinem neuen Tätigkeitsbericht die zunehmenden Befugnisse der Sicherheitsbehörden in Grundrechte einzugreifen kritisiert.

Statt neuer Gesetze und weiterer Grundrechtseingriffe sollten sich die Behörden vielmehr darauf konzentrieren, bereits bestehende Kompetenzen voll auszuschöpfen. Denn viele Probleme seien eher „auf nicht ausreichende personelle und technische Ressourcen zurückzuführen, als auf fehlende Möglichkeiten, personenbezogene Daten verarbeiten zu können.“

Netzpolitik.org vom 13.05.2019

Mordfall Lübcke: Praxis und Realität

Beim Mordfall Lübcke hatte der mutmaßliche Mörder keine Waffenbesitzkarte, jedoch sein mutmaßlicher Komplize, der ihn trainieren ließ. Dieser Freund hatte seine Waffenbesitzkarte 2015 vor Gericht erstritten.

H. sei zwar als Rechtsextremist bekannt, heißt es in dem Urteil, die behördlichen Erkenntnisse lägen aber mittlerweile länger als fünf Jahre zurück.Die Zugehörigkeit von H. zu dieser rechtsextremen Vereinigung wurde vom Verfassungsschutz während des Rechtsstreits um die Waffenbesitzkarte nicht an die Stadt Kassel gemeldet. Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern.

SZ vom 21.08.2019

Im Gerichtsbeschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom März 2015 heißt es, das Landesamt für Verfassungsschutz habe mitgeteilt, dass seit 2012 „keine weiteren Erkenntnisse zur Person des Klägers“ vorlägen, „die gegen die Zuverlässigkeit im Sinne des (. . .) Waffengesetzes sprächen“. Die Behörde habe keine gerichtsverwertbaren Erkenntnisse über den Beschuldigten gehabt, die sie hätte weitergegeben können, sagte ein Sprecher gegenüber der FAZ. „Gerichtsverwertbar sind ausschließlich offen belegbare Erkenntnisse, die auch in ein Gerichtsverfahren einfließen können.“ Offen bleibt dabei allerdings, ob dem Geheimdienst Informationen vorlagen, die als nicht gerichtsverwertbar eingestuft wurden, weil ihre Veröffentlichung beispielsweise V-Männer oder laufende Ermittlungen gefährdet hätte. 

Compact vom 27.08.2019

  • Ja, wir leben in eine Demokratie und nicht in einem autoritären Präventionsstaat. Bei uns glaubt man an Reue und Resozialisierung, weswegen Strafdelikte verjähren und Verurteilte nach der Haft freigelassen werden. 
  • Ja, unter diesen Umständen können sich Verfassungsfeinde als “Schläfer” verhalten, d.h nach außen hin den anständigen Bürger zeigen, jedoch heimlich weiter an ihren extremistischen Pläne festhalten.
  • Nein, der legale Waffenbesitz des mutmaßlichen Helfers war kein entscheidender Beitrag für den Mord. Er ist auch nicht wegen des Trainings angeklagt, sondern wegen Beihilfe zum illegalem Waffenbesitz. Der Attentäter hätte auch bei “Schnupperkursen” oder in Kursen bei Jochen Schweizer üben können. Für die Beihilfe zum illegalen Waffenbesitz ist der legale Besitz nicht erforderlich. Bei der Hauskontrolle im Januar 2019 fand die Behörde nichts auszusetzen. Eine Versagung der WBK hätte keinen Einfluss auf die Tat gehabt. 
  • Nein, die Mitgliedschaft im Schützenverein, wo der mutmaßliche Mörder Bogensport unterrichtete, war auch kein entscheidender Beitrag für den Mord. Auch dem Verein ist nichts vorzuwerfen, da das Mitglied sich dort weder rechtsextrem äußerte, noch der Verein von dessen extremen Ansichten informiert wurde. Mittlerweile ist die Mitgliedschaft auch seitens des Vereins gekündigt worden.

Es ist sogar zu vermuten, dass der Vorschlag der Gewerkschaft der Polizei für Waffenverbote im Einzelfall hier nichts bewirkt hätte, da sich beide Angeklagten in den letzten 5 bis 10 Jahren unauffällig verhalten hatten.

Optimierung, nicht Maximierung!

Wir leben in einem Rechtsstaat. Die Aufgabe eines Rechtsstaates ist es, sowohl die Freiheitsrechte zu schützen als auch ihre Gemeinverträglichkeit sicherzustellen. Kontrollmaßstab dafür ist letztlich auch hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot).

Das Freiheitsprinzip überlagert die systematische und direktive Ausübung der Polizeigewalt in ganz Europa. Dabei ist die Balance zwischen Freiheit (Gleichheit) und Sicherheit nicht starr festgelegt, sondern stets neu zu gewinnen.

Eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Trennungsverbot zwischen Geheimpolizei und Ordnungspolizei. Es dürfen nur gerichtsverwertbare Erkenntnisse für die operative Arbeit verwendet werden. Zur Abwendung von konkreten, erheblichen Straftaten kann der Verfassungsschutz jedoch die Polizei informieren. Auch hat er Zugriff auf das Nationale Waffenregister. Zudem kann die Waffenbehörde bei Verdacht den Verfassungsschutz befragen. Dieser muss aber nicht alle Informationen teilen, wie man oben sehen kann.

Sollte die Regelabfrage und das Magazinverbot per Gesetz verabschiedet werden, müssen unsere Freiheitsrechte vor Gericht eingeklagt werden.

Drucksachen des Bunderats

Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (Drittes Waffenrechtsänderungsgesetz –3. WaffRÄndG): PDF 3 MB

Zusammenfassung TOP 41 zur Bundesratstagung am 23.09.19: PDF 86 KB

Zum größten Teil angenommene Empfehlungen der Ausschüsse: PDF 243 KB

Abgelehnter Antrag Niedersachsen und Bremen: Messerverbote und bundesweite Waffenverbotszonen: PDF 97 KB

Angenommener Antrag Sachsen-Anhalt: „Anzeigebescheinigungen“ für Dekorationswaffen und Magazinen wie WBK-Einträge behandeln: PDF 93 KB

Angenommener Antrag Hessen: Erlaubnispflicht für Armbrüste: PDF 96 KB

Beschluss des Bundesrats vom 20.09.2019: PDF 198 KB

Der Beitrag #DEGunban: Bundesrat will Waffenrecht verschärfen erschien zuerst auf German Rifle Association.

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