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Leni Riefenstahl ist tot.


karaya

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Ich weiß nicht, ob sie hier viele kennen, wahrscheinlich eher nicht.

Sie war der größte Regisseur - ich verwende hier bewußt die männliche Form, denn sie hat sich immer an Männern gemessen -, den Deutschland je hervorgebracht hat.

Ihre Bildersprache hat den Film auf der ganzen Welt für Jahrzehnte geprägt. Filmische Zitate von ihr finden sich noch in dem Pink-Floyd-Film "The Wall".

Für ihr filmisches Schaffen bekam sie zahlreiche internationale Preise.

Leider hat sie ihr außerordentliches künstlerisches Talent auch in den Dienst der Nazis gestellt. Das haben ihr irgendwelche spätgeborenen Besserwisser noch 50 Jahre später vorgeworfen, obwohl ihre diesbezüglichen Werke - der berühmte Film über die Olympiade 1936 oder "Triumph des Willens" - auf der rein ästhetischen Ebene absolut sehenswert sind.

Hätte sie nur - wie z.b. Sergej Eisenstein ("Panzerkreuzer Potemkin") und zahlreiche andere Künstler - für Stalin gearbeitet, wäre das wahrscheinlich überhaupt kein Problem gewesen.

Da sieht man deutlich, wie mit zweierlei Maßstab gemessen wird.

Sie starb gestern im Alter von 101 Jahren; ein tragisches Beispiel für eine zeitgeschichtlich unglückliche Verquickung von Kunst und Politik.

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Es ging der Frau Riefenstahl wie vielen anderen schaffenden Menschen und Künstlern im 3. Reich: man hat sich arrangiert und ist dabei und daher so langsam ins Zwilicht gerückt. Und hinterher sind selbstverständlich alle klüger... Wie lange man das einem Menschen vorhalten soll läßt sich diskutieren. Die Franzosen und die Schweden (Zarah Leander !) sind dabei freizügiger gewesen als die Deutschen, die ja gerne alles mit dem 3. Reich übertreiben wollen.

Im Ausland jedenfalls ist die künstlerische Leistung der Riefenstahl seit langem anerkannt.

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Ja, habe den film schon zum zweiten (gestern allerdings nur die letzten Minuten) Mal gesehen.

Beim ersten Mal war ich echt "neugierig", weil sie so bekannt ist. Nach dem Porträt war ich mir nicht einig, wie sehr oder wie wenig sie Opportunistin war, und eigentlich sind Künstler ziemlich sture Menschen. Sie ist eine eigenartige Mischung aus allem.

Bei Winnifried Wagner (Porträt) hatte ich weit mehr den Eindruck, daß eine Persönlichkeit, dir nur auf der persönlichen Ebene mit Hitler verkehrt hat, und die eine recht reale Sicht von der Lage des Deutschen Reiches hatte und diesen Einfluss auch zugunsten Verfolgter genutzt hat. Sie war zwar keine Martyrerin, aber half auch Leuten, die nicht dem Opernhaus verbunden waren.

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Beim ersten Mal war ich echt "neugierig", weil sie so bekannt ist. Nach dem Porträt war ich mir nicht einig, wie sehr oder

wie wenig sie Opportunistin war, und eigentlich sind Künstler ziemlich sture Menschen. Sie ist eine eigenartige Mischung aus allem.

1935 und 1936 bekam sie von Regime fast unbegrenzte finanzielle und technische Mittel zur Umsetzung ihrer filmischen Ideen, die sie zweifellos auch - man kann sicher sagen genial - genutzt hat.

Damals konnte man sich allerdings als politisch nicht so scharf denkender Mensch noch einige Illusionen über den Charakter des NS-Staates machen.

Immerhin wurde ihre Leistung zu dieser Zeit ja überall honoriert, vor allem auch in Frankreich. Ob man unter diesen Umständen von wirklich vorwerfbarem Opportunismus reden kann?

Später hat sie ja nichts mehr gemacht, was dem Regime nützte.

Was mich in diesem Zusammenhang aufregt, ist auch nicht, daß ihre Vita kritisch gewürdigt wird, sondern daß dies bei den viel zahlreicheren Künstlern, die ihre Fähigkeiten in den Dienst "linker" Diktaturen gestellt haben, gänzlich unterbleibt.

So läuft z.B. der ebenfalls sicherlich geniale kommunistische Propagandafilm "Panzerkreuzer Potemkin" ständig in irgendwelchen 3.Programmen, ohne daß dies irgendwie kommentiert wird.

Auch über die Tatsache, daß z.B. Berthold Brecht ganz generell Propaganda für den Stalinismus machte und etwa den Aufstand vom 17. Juni 1953 (jedenfalls anfangs) als "faschistischen Putsch" verkaufen wollte, wird der gnädige Mantel des Schweigens gebreitet.

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Wer kennt die denn nicht ? Kam erst vor einem Jahr ein neuer Bildband mit Photos von ihr raus. Dass sie ein bischen was für die Nazis gemacht hat interessiert mich kaum. Fast jeder hat damals ein bischen was für die gemacht oder machen müssen. Und hätten statt den Nazis damals die Kommunisten die Macht ergriffen wäre das Ergebnis wohl kaum anders gewesen - hat man ja bei Stalin & CO gesehen.

Ich weiß nicht, ob sie hier viele kennen, wahrscheinlich eher nicht.

Sie war der größte Regisseur - ich verwende hier bewußt die männliche Form, denn sie hat sich immer an Männern gemessen -, den Deutschland je hervorgebracht hat.

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Wer kennt die denn nicht ?

Wenn ich da die User und speziell Dich D.H. unterschätzt haben sollte, tut mir das aufrichtig leid, ohne Ironie jetzt. Ich gehe nur einfach nicht davon aus, daß jeder meine Interessen teilt.

Dass sie ein bischen was für die Nazis gemacht hat...

Also ich bin ein großer Fan ihrer Filme, aber ehrlicherweise muß man einfach einräumen, daß sie schon mehr als "ein bißchen was" für die Nazis gemacht hat. :lol:

Ich würde eigentlich sagen, daß sie ihre ästhetisch besten Filme für die gemacht hat. Leider.

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"Wes Brot ich eß, des Lied ich sing" - schon mal gehört ?!

Ich kann niemandem in den Kopf gucken, aber DAS glaube ich in diesem Fall nicht. Sie war nicht nur "Künstler", sondern auch Perfektionist und ich schätze sie als jemanden ein, der grundsätzlich eine überdurchschnittliche Arbeit leistet, egal ob unter Nazis, Kommunisten, Kannibalen, Außerirdischen, Rot/Grün, etc.

Die Idee, die Kamera mit einem Läufer auf der Aschenbahn "mitlaufen" zu lassen, stammt übrigens auch von ihr. Genauso wie ihr Organisationsschema zum Schneiden der Filme. Dieses Schema wird heute noch von den Sendern benutzt. In einem ihrer letzten längerern Interviews mit der guten Maischberger hat sie am Beispiel des letzten Unterwasserfilms gezeigt, daß ihr besonderes Talent im "Schneiden" liegt. Das Ausgangsfilmmaterial alleine macht es noch nicht.

Im übrigen haben wir auch hier wieder das typische Phänomen der deutschen Gutmenschen, das Leben einer (+/-) 101-jährigen Person auf 12 Jahre zu reduzieren. ZUM KOTZEN!

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Im übrigen haben wir auch hier wieder das typische Phänomen der deutschen Gutmenschen, das Leben einer (+/-) 101-jährigen Person auf 12 Jahre zu reduzieren....

...und sich dabei aus der komfortablen Distanz von 70 Jahren völlig sicher zu sein, daß man selber dergleichen nie getan hätte, weil man eben einfach besser ist.:lol: :lol: :lol:

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karaya, wer weiß, was WIR uns in paar Jahrzehnten vorhalten lassen müssen:

Dann sitzen unsere Enkel (Bildlich gesprochen) locker lässig in einer sicheren Enklave auf einer ergonomischen Sitzeinheit, ein Kartoffelchip-ähnliches Produkt mampfend und mit vollen Backen und vorwurfsvollem, anklagenden Ton fragend: "Warum habt ihr das damals nicht verhindert? Warum seid ihr nicht dafür oder dagegen auf die Straße gegangen? Das konnte man doch absehen, wie das enden wird?" Und dann mit Betroffenheitsmiene in einen virtuellen Musikchannel umgezappt. :roll:

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Sie starb gestern im Alter von 101 Jahren; ein tragisches Beispiel für eine zeitgeschichtlich unglückliche Verquickung von Kunst und Politik.

Also ich kann das zuwenig beurteilen, wie sie zum Regime stand. Aber ihre Flaggen- und Führerinszenierungen lösen schon beklemmende Gefühle aus, das lässt sich wohl nicht wegdiskutieren (ob jetzt konkret gerechtfertigt oder nicht)...

"Triumph der Willens" hätte ich gerne einmal in voller Länge gesehen. Dachte immer, der sei verboten - anscheinend aber nicht?

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Bei uns D darf der Film nicht verbreitet werden. Besitzen darf man den aber, solange man ihn nicht z.B. öffentlich vorführt.

Der Bezug ist jederzeit aus dem Ausland möglich und auch nicht strafbar, solange es nicht dem "Verbreiten" dient.

Und ja - beklemmend ist das schon. Mit unserem Wissen und aus der ex-post-Sicht.

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Ha! Noch so etwas, was mich in dieser Bananenrepublik total ankotzt: Das da so paar "Penner" sitzen, die sich anmaßen, entscheiden zu können, was ich "Sehen" darf und was nicht. Das will ich gefälligst selber entscheiden.

Über den "Index" für Bücher hatten wir vor Jahren schon mal diskutiert. So etwas steht bei mir auf einer Stufe mit Bücherverbrennung und stellt eine organisierte Volksverdummung dar. :twisted::twisted::twisted:

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Deutschland ist schon immer ein Maulkorbstaat gewesen, möglicherweise mit Ausnahme der 20iger Jahre. Eine Äußerungsfreiheit wie z B bei uns in den Staaten hat es aber nicht gegeben und gibt es auch jetzt nicht.

Mein persönlicher Eindruck ist, daß die Deutschen je mehr unter dem 3. Reich leiden, je weiter so davon zeitmäßig wegkommen.

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Reverend,

die entsprechenden Gesetze hatten in Deutschland ihren guten Zweck. Wenn man sich heute manchmal fragt, ob das alles noch zeitgemäß ist, muß man sich nur vorstellen, wie Fernsehbilder von deutschen Braunhemden mit Hakenkreuzfahnen zB in den USA aufgenommen würden. So konsequent das amerikanische Fernsehen nicht über andere Länder berichtet, DIESE Bilder würden alle Sender zeigen.

Und zur Meinungsfreiheit: der gesellschaftliche Konformitätsdruck ist in den USA wesentlich größer als in Deutschland.

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