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Die Wahrheit und Hollywood


John Gun

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Als Westernhobbyist und Schwarzpulverschütze fällt mir meistens auf wenn in Filmen was nicht stimmt. Der Perkusionsrevolver taucht da gar nicht auf und im Bürgerkrieg wurde schon mit Peacemakern geschossen.

Und in den historischen Schlachten gehen die Reihen auf einander los, eine Reihe schiesst und die andere fällt um. Waren die früher blöd ?

Lediglich in dem Film Cold Mountain gab es neben dem Colt auch noch einen LE Mate.

Da Corrado mich zu einem anderem Thema belehren konnte, unterkalibriege Kugeln und schlechtes Pulver habe ich ein neues Thema eröffnet. Der deutsche Meister 2005 DSB hat übrigens mit einer Muskete ohne Kimme, nur Korn 138 von 150 möglichen geschafft. Früher sollen wenn dreihundert schossen nur 10 umgefallen sein.

Wie war es früher wirklich ? Wäre mal interessant das hier auszudiskutieren. Man will ja auch was lernen. Vieleicht machen auch meine Kumpels als Reanactors was falsch.

Ihr könnt auch gern mal meine Website besuchen. Wenn ich sachliche Fehler habe bescheeiiiiiid sagen. Http://johngun.de

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Das Phänomen, daß zwei Schlachtreihen aus kürzester Entfernung stundenlang aufeinander schießen und trotzdem kaum einer umfällt, hat schon Friedrich den Großen interessiert und zu entsprechenden Versuchen und Untersuchungen angeregt.

Anscheinend ist es so, daß viele Menschen - selbst in so einer Extremsituation - eine echte Tötungshemmung haben. Viele Soldaten haben wohl ganz bewußt in die Luft geschossen. Viele haben wohl auch gar nicht geschossen. Irgendwo habe ich mal gelesen, daß bei toten Soldaten aus Schlachten des amerikanischen Bürgerkriegs nicht selten mehrfach geladene Waffen gefunden wurden. Erklärt hat man sich das damit, daß der Soldat zwar immer brav die Befehle zum Laden seiner Waffe ausgeführt, aber nie abgedrückt hat.

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Anscheinend ist es so, daß viele Menschen - selbst in so einer Extremsituation - eine echte Tötungshemmung haben. Viele Soldaten haben wohl ganz bewußt in die Luft geschossen. Viele haben wohl auch gar nicht geschossen.

Wie kann man bloß SO blöd sein?!? :shock:

Wenn Leute aus welchen Gründen auch immer auf MICH schießen, wären meine sämtlichen Hemmungen sofort beseitigt!

Besser DIE als ICH !!!

GRUß

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Wie kann man bloß SO blöd sein?!? :shock:

Wenn Leute aus welchen Gründen auch immer auf MICH schießen, wären meine sämtlichen Hemmungen sofort beseitigt!

Besser DIE als ICH !!!

Das sagst du als jemand, der irgendwann in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts geboren wurde. Du hast schon unzählige mehr oder weniger realistische Schlachten im Kino oder TV gesehen und bist "theoretisch" auf sowas vorbereitet.

Wer als Freiwilliger 1863 in den Krieg zog, hatte vermutlich keine Ahnung was bei so einer Schlacht überhaupt geschieht, bis er plötzlich selbst mitkämpfen musste.

Meine Theorie.

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Irgendwo habe ich mal gelesen, daß bei toten Soldaten aus Schlachten des amerikanischen Bürgerkriegs nicht selten mehrfach geladene Waffen gefunden wurden. Erklärt hat man sich das damit, daß der Soldat zwar immer brav die Befehle zum Laden seiner Waffe ausgeführt, aber nie abgedrückt hat.

Dieses Phänomen ist auch aus den Schlachten des Siebenjährigen Krieges vor allem bei der preußischen Armee bekannt. Grund dafür wahr mit großer Wahrscheinlichkeit die horrende Angst der Soldaten vor den Unteroffizieren. Wer in der Gefechtslinie das Pech hatte, daß sein Gewehr nicht losging, hatte vordergründig beim Laden etwas falsch gemacht, was sofort aufgefallen wäre, wenn der Mann jetzt angefangen hätte, das Gewehr mit großem Umstand und Aufwand zu entladen und neuzuladen. Er hätte die EXERZIERORDNUNG und damit das für einen Sieg unabdingbare Funktionieren des reibungslosen Pelotonfeuers gestört. Das aber hätte spätestens nach der Schlacht den zuständigen Unteroffizier auf den Plan gebracht, dessen Vollmachten hinsichtlich der Prügelstrafe unbeschränt waren. Also Stein raus und Laden wie immer, 10 mal 15 mal, 20 mal oder und noch mehr, bis der Mann letztlich fiel.

So war das eben vor 250 Jahren, man muss es eben nur wissen, dann versteht man vieles viel besser.

Gruß

corrado26

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corrado26,

bei einem amerikanischen Freiwilligen 1863 kann ich mir eine derartige Angst vor seinem Unteroffizier allerdings nicht vorstellen.

Die preußischen Soldaten im siebenjährigen Krieg waren mW idR zu ihrem Dienst gepreßt. War das nicht sogar die Zeit, in der man es tunlichst vermieden hat, Infanterieregimenter durch Wälder oder unübersichtliches Gelände zu führen, weil immer viel weniger Soldaten rauskamen, als reinmarschiert sind?

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corrado26,

bei einem amerikanischen Freiwilligen 1863 kann ich mir eine derartige Angst vor seinem Unteroffizier allerdings nicht vorstellen.

Natürlich ist es auch denkbar, daß ein Soldat in der Aufregung des Gefechts und in dem allgemeinen Chaos gar nicht gemerkt hat, daß seine Flinte nicht losgegangen ist. Einmal, ja zweimal kann das wohl passieren, aber nicht 10 oder noch mehr mal. Da der Rückstoß der Gewehre doch recht erheblich war, muss man diesen Fehler eigentlich bemerken, auch wenn man den Knall nicht hört.

Deswegen gehe ich davon aus, dass ein solches Phänomen im Sezessionskrieg eher die absolute Ausnahme gewesen sein dürfte - vielleicht hat auch nur ein unbedarfter Mensch irgendetwas falsch mitgekriegt und dann als wahr weitergegeben. - wer weiß das schon. Vielleicht aber stand es auch in der BILDzeitung, das würde manches erklären

Gruß

corrado26

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Ich schau mal, ob ich es noch finde, in BLÖD wars jedenfalls nicht.

MW hat Friedrich der Große, weil er sich die wenigen Treffer nicht erklären konnte, mal eine Kompanie auf einen großen Stoffstreifen schießen lassen. Danach hätte das Feuer seiner Truppen viel wirkungsvoller sein müssen, als es im Gefecht dann tatsächlich war.

Genaugenommen schließen sich diese verschiedenen Erklärungsansätze gegenseitig ja gar nicht aus.

Einer zielt über die Köpfe, der nächste will noch nicht mal schießen aber natürlich auch nicht auffallen. Ein anderer würde schießen, hat nach dem ersten Versager aber Angst aufzufallen, wenn er auf einmal anfängt aus der Reihe zu tanzen und anfängt, seine Waffe wieder in Ordnung zu bringen. Die beiden letztgenannten machen also brav den Drill mit und laden immer wieder ihre Muskete. Am Ende liegt da ein toter Soldat mit einem 2omal geladenen Gewehr (Wahnsinn), wie will man da genau auf das Motiv schließen?

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Habs gefunden: Lt. Col. Dave Grossman, On Killing, Boston 1995.

'Thus we see the fire of the Napoleonic- and Civil War-era soldier was incredibly ineffective. This does not represent a failure on the part of the weaponry. John Keegan and Richard Holmes (...) tell us of a Prussian experiment in the late 1700s in wich an infantry battalion fired smoothbore muskets at a target one hundred feet long by six feet high, representing an enemy unit, wich resulted in 25% hits at 225 yards, 40% hits at 150 yards, and 60% hits at 75 yards. This represented the potential killing power of such a unit. ' (S. 10)

Grossman bringt dann zwei Beispiele, in denen Salvenfeuer praktisch nichts bzw gar nichts bewirkt hat. Er zitiert den Augenzeugen des einen Feuergefechts: "It seems strange ...," wrote McIntyre, "that a company of men can fire volley after volley at like number of men at not over a distance of fifteen steps and not cause a single casualty. Yet such was the facts in this instance." (S. 11)

Über mehrfach geladene Waffen: 'Author of the Civil War Collector's Encyclopedia F.A.Lord tells us that after the Battle of Gettysburg, 27.574 muskets were recovered from the battlefield. Of these, nearly 90% (twenty-four thousand) were loaded. Twelve thousand of these loaded muskets were found to be loaded more than once, and six thousand of the multiply loaded weapons had from three to ten rounds loaded in the barrel. One weapon had been loaded twenty-three times.' (21f)

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'Thus we see the fire of the Napoleonic- and Civil War-era soldier was incredibly ineffective. This does not represent a failure on the part of the weaponry. John Keegan and Richard Holmes (...) tell us of a Prussian experiment in the late 1700s in wich an infantry battalion fired smoothbore muskets at a target one hundred long by six feet high, representing an enemy unit, wich resulted in 25% hits at 225 yards, 40% hits at 150 yards, and 60% hits at 75 yards. This represented the potential killing power of such a unit. ' (S. 10)

Das bestätigt das, was ich bereits ausgeführt habe

Über mehrfach geladene Waffen: 'Author of the Civil War Collector's Encyclopedia F.A.Lord tells us that after the Battle of Gettysburg, 27.574 muskets were recovered from the battlefield. Of these, nearly 90% (twenty-four thousand) were loaded. Twelve thousand of these loaded muskets were found to be loaded more than once, and six thousand of the multiply loaded weapons had from three to ten rounds loaded in the barrel. One weapon had been loaded twenty-three times.' (21f)

Ursache kann eigentlich nur Angst, Stress, und dadurch bedingt totales Durchdrehen im Inferno gewesen sein, anders ist das nicht zu erklären.

Gruß

corrado26

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Der Militärpsychologe David Grossmann hat in einem im Jahr 2000 veröffentlichen Werk ....... und er zieht einige sehr interessante Vergleiche:

Im amerikanischen Bürgerkrieg waren die Waffen eines Regiments im Durchschnitt in der Lage, fünfhundert bis eintausend Mann pro Minute zu töten. Tatsächlich fielen damals etwa 1-2 Soldaten in der gleichen Zeitspanne. Zudem fand man nach der Schlacht zu 90% geladene Waffen, ein weiteres Indiz dafür, dass die Soldaten damals eine Hemmmung hatten, einen anderen Menschen zu töten. Im Zweiten Weltkrieg war dasselbe Phänomen bei den amerikanischen G.I.'s zu beobachten - das Training mit Plastescheiben kann nicht auf das Töten eines echten Menschen vorbereiten.

Grossmann befehligte früher Ranger der US-Armee, lehrte an der Militärakademie in Westpoint und an der Universität in Arkansas, heute trainiert er Militärs, Polizei und Sicherheitskräfte im Gebrauch der Schußwaffe.

Psychologie des Tötens

 

 

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Meines Wissens haben die verantwortlichen der Armeestäbe der amerikanischen Streitkräfte im zweiten Weltkrieg die Schiessausbildung massiv verändert. Da man festgestellt hatte, dass eben viele Aoldaten absichtlich oder unbewusst aus Angst daneben schossen.

Hier mal der Link wie NGSt in der Schweizer Armee Eingang fand bzw. die Ursprünge davon. www.heer.vbs.admin.ch/internet/heer/de/home/muv/artikel_0080.html

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Rätselhaft finde ich den Umstand, daß fast 90 % der aufgesammelten Waffen geladen waren. Von 10 aufgesammelten Waffen nur eine abgeschossen. Gerade bei Musketen, bei denen die meiste Zeit für das Laden draufgeht, würde man doch das Gegenteil vermuten.

Kommt darauf an, zu welchen Zeitpunkt es den Träger der Muskete "erwischt" hat. Gerade Gettysburg ist ein Beipiel für die (fatalerweise) angewandte Lineartaktik.

Der Kampf als solches war keine koordiniert Geschichte einer geschlossenen Front, sondern wurde in der Regel als Konfrontation Regiment gegen Regiment gesehen. Entsprechend der damals herschenden Meinung wurde auf eine Gefechtentfernung von ca. 200 yards die geschlossene Salve möglichst vieler als eines der individuellen Schießleistung des einzelnen überlegenens Mittel gesehen. Nach zwei oder drei derartigen Salven konnte der einzelne Soldat sowieso nicht mehr sehen wo "der Feind stand". Leider hat aber eben die Taktik nicht mit der Waffenentwicklung mitgehalten, was eben zu den zum Teil horrenden Verlusten im Bürgerkrieg führte, da die Gewehre eben präzieser wurden.

In Gettysburg mussten die Soldaten mit geladenen und geschulterten Musketen erst einmal auf Gefechtsentfernung an die Friedhofsmauer ran, wer dabei in den verschiedenen Trefferzonen (zuerst weitreichende Artillerie mit Vollkugeln und Granaten, danach Canister und Grape, anschließend Skirmisher bis zur regulären Schlachtlinie) auf der Strecke blieb, verlor dabei eben ein geladenen Gewehr.

Zu dem Phänomen der "Double Loads". Der Ladedrill (2-3 Schuss in 1 Minute) sieht leider keine Versager vor und in dem Durcheinander das bei so einer Geschichte herrscht kann es durchaus vorkommen, das es gar nicht bemerkt wird dass das Gewehr gar nicht losgegangen ist. Ursachen dafür kann es (wie VL-Schützen wissen) viele geben, da das ganze aber schon roboterartig "dressiert" wurde, haben die Unglücklichen einfach immer weiter geladen.

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Hoss,

meinst Du einmal nicht losgegangen, garnicht losgegangen, egal was der da vorne noch draufgepackt hat? Sonst hätte es ja wohl auch ein paar Erwähnungen von Waffensprengungen geben müssen?

Wenn schon die erste Ladung nicht funzt, kanst Du oben aufpacken was Du willst, da geht eben nix mehr. Natürlich müsste man beim "ram" mal merken, dass der Ladestock nicht mehr so tief geht wie sonst, aber bei dem Chaos um einen rum. Man muss ich mal das ganze drumherum mal bildlich vorstellen.

Kamerden gehen zu Boden, aber eben nicht immer stillschweigend wie uns Hollywood gern verkaufen will, die Ari fetzt u.U. deinem Messmate ein Bein weg, die 58er brummen wie Hornissen über Dir, in dem Getümmel nun Hornsignale, eigene, fremde ???, deine Regimentsfahne als einziger Orientierungspunkt nicht zu sehen, die NCOs versuchen die Linie zu schließen und die Offiziere die Richtung zu finden, da fällt Dir schon mal das Cap aus den Fingern und dann kommt eben mal das Kommando Load durch, dann wird eben geladen.....

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