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#EUGunban: Tschechischer Innenminister will klagen


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Demnächst wird in Tschechien gewählt. Vielleicht wird auch deswegen jetzt ein Artikel im tschechischen Magazin “Respekt” veröffentlicht, in dem der Innenminister Chovanec als einsamer Kämpfer für eine “Minderheit” von “maximal zehntausend Leuten” den Kampf gegen die EU antritt. Respekt ist ein Magazin, welches mit der unsrigen “taz” vergleichbar ist, politisch also eher links zuzuordnen. Dazu passend das Titelbild des Artikels, welches wohl eine (Voll-) automatische AR-15 illustrieren soll.

Quelle: https://www.respekt.cz/politika/chovanec-potahne-s-poloautomatem-na-brusel

Übersetzung: Hannes Müller, Prag 11.04.2017

Chovanec macht sich mit einem Halbautomaten auf den Weg nach Brüssel

Der Innenminister gibt bekannt, dass Tschechien die EU-Waffenrichtlinie anfechten will.
Innenminister Milan Chovanec führt weiterhin im europäischen Rahmen einen Kampf um das Recht der tschechischen Bürger halbautomatische Waffen besitzen zu dürfen. Nachdem das EU-Parlament vergangenen Monat eine EU-Richtlinie genehmigt hat, welche den Zugang zu derartigen Waffen stark beschränkt, hat Chovanec am Montag bekannt gegeben, dass Tschechien die EU-Kommission wegen dieser Richtlinie beim EU-Gerichtshof verklagen wird. Angeblich werde Tschechien die Richtlinie auch dann angehen, wenn es sich gegen die gesamte EU durchsetzen müsse. „Die Klage ist einzigartig – die Tschechische Republik gegen die EU-Kommission“, sagte Chovanec. „Die Tschechen lieben halbautomatische Waffen,“ fügte er als Erklärung hinzu.

Der Wunsch von Chovanec ein einsamer Rebell gegen Brüssel zu sein dürfte in Erfüllung gehen – es ist unwahrscheinlich, dass sich noch ein weiteres Land der Klage anschließt. Tschechische Einsamkeit war auch vergangenen Dezember sichtbar als Chovanec versuchte die Richtlinie(besonders ihren Anhang) im Rat der EU-Innenminister zu blockieren. Keiner seiner Kollegen hat sich dafür interessiert – wenn man Luxemburg außen vor lässt, welches sich im Gegensatz zu Chovanec eine noch schärfere Einschränkungen des Waffenbesitzes gewünscht hat. Auch die tschechischen EU-Abgeordneten unterlagen, bei der Abstimmung im März über die Richtlinie in Straßburg, der großen Mehrheit derjenigen die für eine Verschärfung des Waffenrechts stimmten. Die tschechische Stimme in dieser Sache ist und wird schlicht gesagt einsam sein.

Der tschechische Widerstand ist unter anderem deswegen auf sich gestellt, da Tschechien in der gesamten EU eines der nachsichtigsten Waffengesetze hat. Halbautomatische Langwaffen die mehr als 11 Schuss abgeben können, von denen in der EU-Richtlinie die Rede ist und die von Chovanec verteidigt werden, sind in den meisten EU-Ländern nur für Mitglieder von Sport- und Jagdvereinen und nicht wie in Tschechien für gewöhnliche Bürger und zur Selbstverteidigung verfügbar. Es geht vornehmlich um den beliebten Halbautomaten SA vz. 58.

So ist es kein Wunder, dass sich die Politiker der übrigen Staaten empören. Zwar gibt es Ausnahmeländer mit einer langen Tradition von Jagd und Schießsport, wie zum Beispiel Finnland. Diese hat jedoch Brüssel mit der Versicherung besänftigt, dass die von den Mitgliedsstaaten anerkannten Schießverbände die Entscheidungsgewalt über den privaten Schusswaffenbesitz behalten werden und schon wurde die Richtlinie von diesen Ländern nicht blockiert.

In Tschechien kann jeder Bürger nicht nur ein ansehnliches Arsenal halbautomatischer Waffen besitzen, sondern auch eine Schusswaffe in der Öffentlichkeit führen, solange sie nicht sichtbar ist. Auch das ist im Großteil Europas verboten. Lediglich ein einwandfreies Vorstrafenregister und das erfolgreiche Ablegen einer Prüfung sind für den Waffenschein notwendig. Die hiesigen, außerordentlich liberalen Waffengesetze sind ein Überbleibsel der 90er Jahre, als nach 40 Jahren Kommunismus die Freiheit in Tschechien Einzug nahm und mit ihr die Möglichkeit eine Waffe zu erwerben. Andere Nationen haben eine vergleichbare und kurz zurückliegende Erfahrung nicht gemacht.

Die Chovanecsche Behauptung Tschechen liebten halbautomatische Waffen ist freilich eine grobe Verallgemeinerung. Von den 10 Millionen Tschechen haben etwa 300 000 eine waffenrechtliche Erlaubnis. Die größte Gruppe von ihnen – etwa ein Drittel – bilden Jäger, die von der Richtlinie allerdings nicht betroffen sind, da zur Jagd keine halbautomatischen Waffen verwendet werden. Die weiteste Verbreitung hat der Waffenschein Kategorie E, die den Waffenbesitz zum Schutz für Leben, Gesundheit und Eigentum gestattet. Dies sind größtenteils Pistolenbesitzer und daher auch von der Richtlinie nahezu unberührt.

Chovanec verteidigt somit die Interessen von maximal mehreren zehntausend Leuten, die das Recht bekommen wollen unbeschränkt halbautomatische Langwaffen mit großer Magazinkapazität besitzen zu dürfen. In ihrem Interesse will der Minister die EU-Kommission verklagen. Auf dieser Grundlage zu argumentieren, dass die Tschechen Waffen lieben würden ist natürlich möglich, aber ebenso wäre es möglich zu argumentieren die Tschechen würden Langhaarmeerschweinchen lieben.

Andererseits besteht die Möglichkeit, dass Chovanec die Interessen der Schützen gar nicht am Herzen liegen, sondern dass es um etwas anderes geht – um jeden Preis die Konfrontation mit der EU zu suchen. Damit gewinnt er in Tschechien an Popularität, nicht nur unter Schützen sondern auch dem Rest der Bevölkerung, welche hierzulande grob zur Hälfte gegen die EU ist. Seinen Gegnern ist es im Prinzip gleich wogegen Chovanec mit Entschlossenheit vorgeht, solange er das Land vor einem weiteren Übel aus Brüssel schützen kann.

Der Minister profiliert sich über derartigen Stimmen und ist damit nicht allein, ebenso sprechen auch die Reihen der Euroskeptiker aus anderen Parteien. Chovanec Klage gegen die Kommission muss noch von der Regierung von Premierminister Bohuslav Sobotka und seinen Koalitionspartnern genehmigt werden. Sie hätten die Entscheidung ob ihnen die Interessen der Besitzer halbautomatischer Schusswaffen oder die Interessen von 10 Millionen Tschechen wichtiger sind. Vor allem haben wir schon unserem Ruf in der EU geschadet, beziehungsweise haben das Bild gefestigt wir seien ewig unzufriedene und unkonstruktive EU-Gegner.

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