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Schützenvereine blicken mit Unbehagen nach Bern, wo über die Revision des Waffengesetzes debattiert wird

St. Gallen. Ein verschärftes Waffengesetz bedeutete vermutlich das Ende für das Obligatorische ? und das Ende für den Schiesssport, warnt der Präsident des St. Gallischen Kantonalschützenverbands.

Peter Brühwiler

Die meisten Dienstpflichtigen würden dem Obligatorischen wohl keine Träne nachweinen. In den Schützenhäusern jedoch läuten die Alarmglocken, denn die obligatorische Schiesspflicht bildet die Existenzgrundlage vieler Schützenvereine ? und sie ist in Gefahr.

Heute Mittwoch behandelt der Nationalrat die Revision des Waffengesetzes, wobei die SP und die Grünen verschiedene Verschärfungen fordern. Die umstrittenste: Die Armeewaffe soll in Zukunft nicht mehr im privaten Kleiderschrank, sondern im Zeughaus aufbewahrt werden.

Ausstieg der Gemeinden

Dies würde das ziemlich sichere Aus für die Bundesübung bedeuten, ist man beim St. Gallischen Kantonalschützenverband wie auch beim kantonalen Amt für Militär und Zivilschutz überzeugt. Denn der Aufwand für die Gewehrverteilung aus den Zeughäusern und die Feineinstellung der nicht persönlichen Waffe im Schiessstand wäre schlicht zu gross.

Ohne das Obligatorische wiederum sähen viele Gemeinden wohl nicht mehr ein, warum sie einen Schützenstand unterhalten oder in einer Nachbargemeinde mitzufinanzieren sollen ? heute sind sie per Gesetz dazu verpflichtet. «Im Falle einer Aufhebung der obligatorischen Schiesspflicht müsste dieser Gesetzesartikel in Bern sicher hinterfragt werden», sagt der Vorsteher des Amtes für Militär und Zivilschutz, Hans-Peter Wächter.

Dem Vorstoss von links werden im Parlament zwar nur kleine bis gar keine Chancen eingeräumt; die SP, die Grünen, die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) sowie weitere Organisationen planen für den Fall einer Niederlage aber eine Verfassungsänderung per Volksinitiative. Mit der Unterschriftensammlung soll diesen Sommer begonnen werden.

Bundesübung hin oder her

Der Widnauer Schiessstand gehört der politischen Gemein-de. «Nicht Schiessstand», korrigiert Christa Köppel, «sondern Sportanlage.» Und diese Sportanlage, ist die Gemeindepräsidentin überzeugt, werde auf jeden Fall weiter betrieben ? Bundesübung hin oder her. Im 1993 fertiggestellten Gemeinschaftsprojekt der Gemeinden Au und Widnau trainiert die Schützengesellschaft Au-Widnau, die mit aktuell 150 Mitgliedern auf einer gesunden Basis steht. Eine moderne Anlage, viele Sportschützen und die Unterstützung der Gemeinde: Nicht alle Vereine besitzen diese Voraussetzungen, um optimistisch in die Zukunft blicken zu können.

Zusammenbruch?

Die Mehrheit der 194 St. Galler Schützenvereine ? «etwa zwei Drittel», schätzt Ivo Bernhardsgrütter ? ist auf das Schiessen mit grosskalibrigen Gewehren ausgerichtet. Ohne die Bundesübung, die jährlich über 320 000 Franken in die Vereinskassen spült, und die Unterstützung der Gemeinden sieht der Präsident der Gossauer Sportschützen für diese keine grosse Überlebenschance. In einem 300-Meter-Stand koste die Installation einer elektronischen Trefferanzeige 25 000 Franken, rechnet er vor ? «pro Platz». In einem Luftgewehr-Stand kostet dieselbe Einrichtung lediglich 4500 Franken. Zusätzlich zu den höheren Materialkosten sind die Betreiber der 300-Meter-Stände mit Lärm- und Umweltschutzauflagen konfrontiert.

Die Sportschützen in Gossau sind ? wie schon ihr Name sagt ? breit abgestützt. Gut zwei Drittel der Mitglieder schiessen hier über die kurzen Distanzen, mit Luft- oder kleinkalibrigen Gewehren respektive Pistolen. Für diese Sportgeräte verlangt das verschärfte Waffengesetz einen Bedürfnisnachweis. Abgesehen davon sind sie von den Plänen der Initianten nicht betroffen. Sein Verein würde auch unter einem verschärften Waffengesetz überleben, ist Bernhardsgrütter deshalb überzeugt, «aber das schweizerische Schiesswesen als Ganzes würde zusammenbrechen».

Kampf an zwei Fronten

Der CVP-Nationalrat und Präsident des St. Gallischen Kantonalschützenverbands, Jakob Büchler, kämpft derzeit in Bern an vorderster Front gegen das verschärfte Waffengesetz. Aber auch der Kampf um das Stimmvolk soll aufgenommen werden. «Wir haben es bisher verpasst, die vom Schiesssport erbrachten Leistungen aufzuzeigen», sagt Bernhardsgrütter und erzählt von hyperaktiven Kindern, die dank des Schiesstrainings lernen, eine halbe Stunde ruhig zu stehen.

Wiegen solche Argumente die Gefahr auf, die von 1,65 Millionen ehemaligen und aktuellen Armeewaffen in Kleiderschränken und Abstellräumen ausgeht? «Viele Geschichten, die in den Medien herumgereicht werden, entsprechen nicht den Tatsachen», antwortet Bernhardsgrütter. «Und ausserdem ist auch ein Messer eine Waffe.»

In den Untergrund

Bundesübung hin oder her ? «wegen Lärm- und Umweltschutzauflagen werden über kurz oder lang alle Schiessanlagen-Betreiber Probleme haben», prophezeit Beat Weibel. Seine Lösung: ein unterirdischer Schiessstand, wie er schweizweit bisher erst am Brünig im Kanton Luzern existiert. Der Gemeinderat von Balterswil und Initiant des Projekts rechnet mit Kosten von drei Mio. Franken. Allerdings: «Je mehr Gemeinden dazustossen, desto grösser wird die Anlage.» Bisher hat die Gemeinde Balterswil 400 000 Franken gesprochen, in Fischingen wird im Juni über einen Beitrag in der gleichen Höhe entschieden. Als realistisch schätzt Weibel die Beteiligung von zehn Gemeinden ein. Falls die Bürgergemeinde Balterswil am Freitag dem Baurechtsvertrag für das ein Hektar grosse Grundstück zustimmt und Fischingen mit ins Boot steigt, erfolgt im Juni die Baueingabe. Ab Ende 2008 könnte in der Ostschweiz dann ohne Lärmemissionen 24 Stunden am Tag geschossen werden ? Ruhe für die Anwohner, schlaflose Nächte für die Schützen. (per)

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