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Himmel, Hölle und Hühnerstall


357.mag

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Nach fünf Jahrzehnten im Vorstand gibt Karl Krapp den Vorsitz im größten Leichlinger Schützenverein heute an Bernd Boitz ab. Im Gespräch mit dem ?Kölner Stadt-Anzeiger? blickt Krapp zurück auf die Vereinsgeschichte, die er entscheidend mitprägte.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Krapp, Ihre Entscheidung haben Sie bereits vor vier Jahren angekündigt. Warum haben Sie einen Abschied auf Raten gewählt?

KARL KRAPP: Es gehört zu meinem Naturell, dafür zu sorgen, dass ich dem neuen Vorstand eine geordnete Hinterlassenschaft übergebe. Das bezieht sich sowohl auf den sportlichen als auch auf den finanziellen Bereich. Ich gehe davon aus, dass für die nächsten Jahrzehnte alles geordnet ist. Mein Nachfolger Bernd Boitz hat vor zwei Jahren zugesagt, dass er das Amt übernehmen will. Seitdem habe ich mich zurückgenommen, so dass Boitz schon voll in der Einarbeitung war.

Der Schützenverein Trompete hat knapp 250 Mitglieder. Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?

KRAPP: Wie in anderen Sport- und Kulturvereinen auch, ist unsere Altersstruktur nicht unproblematisch. Seit Jahren stellt sich die Frage, wie man Kinder und Jugendliche motivieren und begeistern kann. Gegen die Konkurrenz von Computern anzukommen, ist schwer. Aber wir forcieren unsere Jugendarbeit und versuchen, bei unseren Veranstaltungen Jugendliche gezielt anzusprechen. Weil Kinder unter zwölf Jahren laut Waffengesetz keinen Schießsport betreiben dürfen, bieten wir Lichtschießen an. Auf der Landesgartenschau in Leverkusen haben das über 500 Jungen und Mädchen ausprobiert. Gerade ist unsere 18-jährige Schützin Jessica Mager Doppeleuropameisterin der Juniorinnen geworden. Das ist ein wirklich krönender Abschluss meiner Amtszeit.

Wie begegnen Sie Bedenken von Eltern, die ihren Kindern keine Waffen in die Hände geben möchten?

KRAPP: Mich ärgert es sehr, dass in den Medien die Realität verzerrt dargestellt wird, was den Zusammenhang zwischen Schießsport und Gewalttaten betrifft. Von allen Straftaten mit Waffen werden laut Statistischem Bundesamt 0,013 Prozent mit zugelassenen Waffen, also von Schützen und Jägern, verübt. Darüber wird nie ein Wort verloren. Von der ersten Minute an wird unseren Schützen im Training eingebläut, dass sie im Umgang mit der Waffe, die ja ein Totschießgerät ist, Verantwortung tragen. Außerdem erfordert der Schießsport höchste Konzentration. Alkohol, um ein weiteres Vorurteil anzusprechen, ist bei uns übrigens genauso verpönt wie in anderen Sportarten auch.

Wie sind Sie denn als junger Steppke zu den Schützen gekommen?

KRAPP: Unser Nachbar war Fritz Mainzer. Er hat den SV Trompete nach dem Zweiten Weltkrieg wieder belebt. Durch ihn bin ich zu den Schützen gekommen, und als ich das erste Mal mit dem Luftgewehr am Stand geschossen habe, habe ich Blut geleckt. Meine Eltern waren auch engagiert im Verein, sie waren Königs- und Kaiserpaar.

Ein Tiefpunkt in der Geschichte des Vereins war sicher 1971 der Abriss des Vereinslokals ?Zur Trompete?.

KRAPP: Meine Zeit im Verein war natürlich nicht nur mit positiven Erlebnissen gepflastert. Das war eine Odyssee damals, bis wir eine neue Heimat gefunden hatten. Einen alten Hühnerstall an der Autobahn haben wir zu unserer ersten eigenen Sportanlage umgebaut. Wir standen knietief im Hühnermist, aber alle haben mit angepackt.

Als die Autobahn verbreitert wurde, drohte dem SV Trompete die Enteignung des Grundstücks.

KRAPP: Zwölf Jahre lang haben wir uns dagegen gewehrt, das war ein Verhandlungsmarathon. Ich habe mehrfach Himmel und Hölle durchlitten. Mein Traum war es immer, eine Schießsportanlage aufzubauen. Durch einen Tauschvertrag konnten wir an die Trompete zurückkehren und dort den Landesleistungsstützpunkt aufbauen. Darauf können wir stolz sein.

Die Absage der Festzüge in den vergangenen beiden Jahren und der geplatzte Hotelbau waren aber herbe Rückschläge.

KRAPP: Wir knabbern noch heute daran, dass der Bau des Hotels gescheitert ist. Das wird auch nichts mehr, aber wir arbeiten an Alternativen. Der SV Trompete ist nicht mehr nur ein Sport- und Traditionsverein, sondern auch ein Wirtschaftsunternehmen. Dass wir die Festzüge wegen mangelndem Interesse der Bevölkerung absagen mussten, hat mich sehr betroffen gemacht. Ich habe gedacht, jetzt ist meine Zeit vorbei. Aber in diesem Jahr wird es wieder einen Festzug geben.

Nach so langer Vereinszugehörigkeit ist es schwer vorstellbar, dass Sie sich künftig völlig aus der Vorstandsarbeit heraushalten werden.

KRAPP: Die glauben das alle nicht, dass ich mich raushalten werde. Aber ich kann das. Dem Sport werde ich erhalten bleiben, ich bin ja Kreisvorsitzender, Stützpunktleiter und Kampfrichter. Ich habe viele Funktionen - aber die wichtigste ist jene als Opa.

Das Gespräch führte Ana Ostri´c

Quelle = http://www.ksta.de

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