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Nur eine Waffe pro Monat


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Auch nach dem Massaker von Blacksburg wenig Chancen auf Verschärfung der Gesetze

Von WZ-Korrespondentin Heike Warmuth

Keine Änderung der Waffengesetze absehbar.

Die Politik als Erfüllungsgehilfe der mächtigen Lobby.

Washington. Der Amoklauf an der Technischen Universität von Blacksburg im US-Bundesstaat Virginia ist in der Geschichte der USA ohne Beispiel. US-Präsident George W. Bush reagierte mit "Entsetzen und Abscheu" auf die Bluttat und versprach, die Opfer in seine Gebete einzuschließen.

An eine Verschärfung der US-Waffengesetze, die in den USA nach derartigen Amokläufen immer wieder diskutiert wird, scheint er allerdings nicht zu denken. Bush hat durch seine Pressesprecherin Dana Perino ausrichten lassen, dass sich an der jetzigen Gesetzgebung nichts ändern wird: "Der Präsident glaubt, dass Menschen ein Recht haben, Waffen zu tragen, aber auch, dass alle Gesetze befolgt werden müssen."

Nichts aus Massaker von Columbine gelernt

Es ist acht Jahre her, dass zwei Jugendliche ihre Schulkameraden an der Columbine High School in Littleton, Colorado, erschossen. Und es ist genau sechs Monate her, dass fünf Mädchen in einer Schule in Pennsylvania durch einen Amokläufer niedergemetzelt wurden.

"Seit diesen Morden haben wir als Nation nichts getan, um die Gewalt durch Waffen in unseren Schulen und Gemeinden zu beenden", beklagt Paul Helmke, Präsident der "Brady-Kampagne zur Verhinderung von Waffengewalt", der größten Anti-Waffenlobby in den USA, die nach dem bei einem Anschlag verletzten früheren Präsidentensprecher James Brady benannt ist. "Es ist höchste Zeit, dass wir endlich vernünftig handeln, um zu verhindern, dass sich diese Tragödien wiederholen."

Helmke kritisiert vor allem den Bundesstaat Virginia, in dem sich die Bluttat abspielte. Die "Brady Campaign", gibt den dortigen Waffengesetzen in einem Ranking ein "C minus" ? schlechter Durchschnitt also. Kritikpunkte der "Brady Campaign" sind unter anderem, dass man in Virginia seine Waffen nicht sicher verwahren muss, den Städten es nicht erlaubt ist, eigene, strengere Waffengesetze zu beschließen und Minderjährige ab zwölf Jahren sogar gewisse Waffen wie Schrotflinten besitzen dürfen. Eine Genehmigung der Eltern ist dafür nicht nötig. Immerhin schreibt das Gesetz vor, dass immer nur eine Waffe pro Monat erworben werden darf.

Virginia ist auch jener US-Bundesstaaten, in dem die "National Rifle Association" (NRA), die einflussreichste Waffenlobby der Welt, ihr Hauptquartier hat. Mit 4,3 Millionen Mitgliedern und einem Marketingbudget von rund 200 Millionen Euro versucht die NRA von Fairfax aus, einer 22.000-Einwohner-Stadt im Norden Virginias, alle Bürger davor zu schützen, dass ihnen das von der Verfassung zugeschriebene Recht, Waffen zu tragen, womöglich verloren gehen könnte.

Die NRA beruft sich dabei auf den Zweiten Verfassungszusatz, der die Rechte des Einzelnen schützt, seine eigenen Schusswaffen zu besitzen und zu tragen ? das betrifft auch Personen, die keine Angehörigen einer (staatlichen) Bürgerwehr sind oder sich im aktiven Militärdienst oder in Ausbildung befinden.

Ohne NRA keine Chance auf Präsidentschaft

"Was unsere Mitglieder teilen, ist das Interesse am Schießsport, den Glauben an das Verfassungsrecht, Waffen zu tragen, und die Verpflichtung zu Sicherheit, Verantwortung und Freiheit", heißt es in den Satzungen der NRA.

Neben Virginia haben auch andere Bundesstaaten ähnlich lockere Bestimmungen. Dass sich das in nächster Zukunft, auch angesichts des Massakers in Blacksburg, nicht ändern wird, ist wohl voraussagbar. Es fehlt der politische Wille.

Im November 2008 sind Wahlen. In den USA ist es fast aussichtslos, eine Wahl zu gewinnen, wenn man sich für strengere Waffengesetze und -kontrollen einsetzt. Allein die kleinste Kritik an der bestehenden Gesetzgebung ruft heftigste Proteste der Waffennarren und Jäger hervor. Die Politik agiert somit als Erfüllungsgehilfe der Waffenlobby.

Deshalb geht die Mehrheit der Politiker auf Nummer sicher. Wie etwa der republikanische Präsidentschaftskandidat und Senator John McCain: "Wir müssen uns anschauen, was hier passiert ist, aber es ändert nichts an meiner Meinung über den Zweiten Verfassungszusatz, außer, dass man sicher gehen muss, dass diese Art von Waffen nicht in die Hände von schlechten Menschen geraten." McCain liegt damit ganz auf der Linie der NRA. Diese glaubt nämlich auch daran, dass nicht Waffen Menschen töten, sondern böse Menschen.

Dabei sprechen die Statistiken über Waffengewalt selbst für sich: Pro Jahr wird jeder zwölfte Schüler in den USA entweder durch eine Waffe bedroht oder durch Waffengewalt verletzt. In Richmond, Virginia, etwa gaben 88 Prozent der Kinder an, in ihrer Nachbarschaft immer wieder Schießereien zu hören. 25 Prozent von ihnen hatten sogar beobachtet, wie jemand ermordet wurde. In New Haven, Connecticut, gaben ganze 39 Prozent der 12- bis 16-Jährigen an, einen Mord gesehen zu haben.

Für viele ist das aber kein Argument. "Wann werden wir endlich begreifen, dass Wehrlosigkeit eine schlechte Verteidigung ist?", fragt etwa Larry Pratt, Direktor der Vereinigung "Gun Owners of America" (Waffenbesitzer von Amerika). Nicht zu viele Waffen sind seiner Meinung nach das Problem, sondern zu wenige. "Sämtliche Schießereien an Schulen, die in den vergangenen zehn Jahren vereitelt werden konnten, wurden nur deshalb gestoppt, weil auch eines der potenziellen Opfer selbst eine Waffe besaß."

Und Pratt steht nicht alleine da mit seiner Meinung: Umfragen haben gezeigt, dass 85 Prozent der Amerikaner es angemessen finden würden, wenn Lehrer im Unterricht Waffen bei sich tragen würden, um so ihre Schüler zu schützen.

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