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Das Chaos wird ignoriert


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Auszüge aus einem Kommentar von Avi Issacharoff, Ha'aretz, 04.05.2007

Seit mehreren Wochen brennt nun schon der Gazastreifen. Hierbei geht es nicht um Auseinandersetzungen zwischen Hamas- und Fatahaktivisten oder um Aktionen der israelischen Verteidigungsarmee sondern um Kämpfe zwischen bewaffneten Gruppen, die zum größten Teil mit großen Familienclans identifiziert werden.

In den vergangenen Wochen wurden im Gazastreifen beinahe jeden Tag Männer, Frauen und Kinder getötet. Und jeden Tag werden Zivilisten durch gezielte oder verirrte Schüsse verletzt. Dies ist das Ergebnis uneingeschränkter Waffenbenutzung. Die Anzahl bewaffneter Männer im Gazastreifen liegt gemäß verschiedenen Schätzungen bei über 100.000.

Diese Männer gehören zu Sicherheitsapparaten, politischen Organisationen und vor allem zu Familienclans. Sie versuchen, die wirtschaftlichen Interessen ihrer Verwandtschaft zu sichern. Es gibt riesige Waffenberge in den Häusern mit dem Ziel, die Waffen im Falle eines Streites mit einem Nachbarn, einem Verwandten oder einem vorüber kommenden Autofahrer zu benutzen.

Während der letzten Wochen wurden auch Anschläge auf westliche und christliche Ziele im Westjordanland üblich. Mitglieder von Terrorzellen, die mit Organisationen im Al-Qaida-Stil identifiziert werden und gegenüber denen Hamasmitglieder beinahe wie Pfadfinder aussehen, zerbomben und zerstören Institutionen, die mit der westlichen Kultur in Verbindung gebracht werden. Hierzu gehörten z. B. die Amerikanische Schule, die Bücherei einer Kirche und Dutzende von Internetcafés.

Doch die Welt ignoriert dies. Die Medien in Israel und im Westen, die über jede Person berichten, die in den Konflikten zwischen Fatah und Hamas oder wegen der "israelischen Besatzung" getötet oder verwundet wird, zeigen keinerlei Interesse an den Vorfällen im Gazastreifen. Selbst vor der Veröffentlichung des Winograd-Berichtes konzentrierten sich die Nachrichten und die großen Zeitungen auf triviale Angelegenheiten und ließen die Lebensgefahr eines jeden Palästinensers im Gazastreifen außen vor.

Noch offensichtlicher ist das Schweigen der Menschenrechtsorganisationen, die Berichte über Straßensperren und Bewegungseinschränkungen in den Palästinensergebieten veröffentlichen während im Gazastreifen Verbrechen gegen Frauen begangen werden. Fälle von Frauen, die geschlagen werden, treten dauernd auf ohne Schlagzeilen zu machen. Noch schlimmer als dies sind die so genannten "Ehrenmorde". Während der vergangenen Monate wurden die Leichen von vier Frauen, die aus diesem Grund ermordet wurden, in Krankenhäuser im Gazastreifen gebracht. Doch die tatsächliche Anzahl dieser "Ehrenmorde" ist weitaus höher. Frauen, die ermordet werden, werden heimlich von Familienmitgliedern begraben und ihr Tod wird nicht offiziell gemeldet. Auch die palästinensischen Medien berichten nicht darüber - um der "Familienehre" willen.

Die palästinensische Führung ist wie gewöhnlich machtlos. Der Vorsitzende der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, befindet sich auf Auslandsreisen. Premierminister Ismail Haniyeh kann die Entwaffnung der Milizen nicht beeinflussen, und Hamasführer Khaled Meshal hat auch seine Fähigkeit verloren, die volle Kontrolle über die bewaffneten Männer der Organisation auszuüben. Meshal und Abbas diskutieren über die Reformen in der PLO zu einer Zeit, da jedermann klar ist, dass Hamas und Fatah jedem, der keiner Sicherheitsorganisation angehört, sofort das Tragen von Waffen verbieten müssen. Doch weder Hamas noch Fatah trauen sich, von den Mitgliedern ihrer militärischen Flügel zu verlangen, die Waffen niederzulegen. Der Gazastreifen hat neue Führer - zum Beispiel Clanchefs wie Mumtaz Durmush. Keine Sicherheitstruppe im Gazastreifen traut sich, eine Konfrontation mit dem Durmush-Clan zu beginnen, obwohl dieser verantwortlich ist für Tötungen, Entführungen und andere Dinge im afghanischen Stil.

Die US-Regierung ist damit beschäftigt, Mahmoud Abbas und seinen nationalen Sicherheitsberater Mohammad Dahlan zu stärken, damit diese fähig sind, der Hamas entgegen zu treten, wenn der Tag kommen wird. Und die Hamas, die keinen Erfolg hinsichtlich der Bekämpfung der Fehler der Einheitsregierung, die sie anführt, aufweisen kann, veröffentlicht Berichte über ihr Vorhaben, mehr Israelis zu entführen. In der Organisation hofft man vielleicht, dass eine israelische Militäraktion im Gazastreifen nach einer erfolgten Entführung von den eigenen Fehlern ablenken wird.

In der Zwischenzeit sieht die palästinensische Öffentlichkeit hilflos dem Geschehen zu und fährt zum größten Teil mit der täglichen Routine fort - bzw. mit der Beschaffung und Lagerung von Waffen für den nächsten Kampf der Familienclans.

Quelle = http://www.juedische.at

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