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Der Jagdschein


CityCobra

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Wenn Video-Games nicht mehr ausreichen?

Kein Tag ohne Kriegsnachrichten in der Presse.

Kein Abend ohne Kriegsbilder im Fernsehen.

Kein Tag ohne Schießerei auf den Feldern.

In Deutschland sind 300.000 Menschen der Jagdleidenschaft verfallen.

Die Freiflächen werden bedingt durch Bebauungen nachweislich immer weniger und die Tierbestände immer kleiner. Dennoch nimmt der Kreis der Jägerschaft zu und die Hubertusbruderschaft wirbt um Nachwuchs. Das Schusswaffen- und Munitionsgeschäft boomt. Das Outfit in unserer Natur dominiert in tarngrün und Lederstiefel.

Die tägliche Jagd lässt vermuten, dass die Menschheit von einer großen Tierplage bedroht ist.

Noch vor wenigen Jahren waren die Felder größer und es wurde nur einmal im Jahr, im Herbst gejagt. Danach war es still, und der Naturfreund konnte in Ruhe seine Tiere beobachten.

Heute sieht es anders aus und die Jäger nennen sich Wildmanager.

Eine hochtrabende Bezeichnung für Leute, denen man oftmals noch nicht einmal einen Schulabschluss zutraut. Auf die Frage, wie viele Tiere denn heute geschossen werden, antwortet der Manager mit zynischem Gesichtsausdruck, ?alle?. Er legt an, drückt ab und sein Gesicht zeigt sich orgastisch entspannt.

Die kleine Taube steckt das erste Mal ihren Kopf aus dem Nest und beobachtet ängstlich ihre Umgebung in der sie auf die Welt gekommen ist.

Kleine Tauben sind stumm. Sie piepsen nicht wie andere Vögel. Im Gelege hat sich nur ein Junges entwickelt und wird abwechselnd von den Eltern mit Nahrung versorgt.

In den Feldern ist Erntezeit. Der kleine Vogel entwickelt sich prächtig.

Das Getreide wird abgemäht, aber aus tödlicher Berechnung nicht wie üblich sofort umgepflügt.

Der Landwirt hat bei der unteren Jagdbehörde Verbiss angemeldet und sofort wird das ?Feuer frei? für den Abschuss erteilt. Die Tiere picken lediglich die restlichen Körner vom Boden auf.

Der Landwirt nutzt das Feld nicht nur für den Anbau, sondern auch als Jagdverpachtung und erhält dafür vom Schießverein einen finanziellen Obolus.

Jeden Tag wird geschossen, damit sich die Investition lohnt, wie ein Mitglied in einem Fitnessstudio, dessen Beitrag nicht verfallen soll. Auch Sonntags kennt der Jagdtrieb keine Ruhe.

Oftmals beginnt die Schiesserei schon morgens mit Beginn der Kirchglocken und endet erst abends zu den Kriegsbericht-erstattungen in den Nachrichten. Überall scheint Krieg zu sein, selbst vor der eigenen Haustür.

Mit echt wirkenden Plastikvögel werden Artgenossen angelockt und feige aus dem Hinterhalt erschossen.

Das Foto zeigt das Ergebnis.

Wo sind die Tierfreunde, die sich voller Abscheu von der Jägerschaft abwenden?

Wo ist ihre Kritik, wo der Protest?

Wo sind die Tier- und Naturschutzverbände?

Die Kirchglocken läuten, als Erinnerung an unseren christlichen Glauben, an die Achtung vor der Schöpfung.

Aber was ist davon übrig geblieben?

An diesem Punkt wird oftmals der Schlachthausvergleich angestellt. Aber bei der Jagd geht es um den Spaß am Töten, die praktische Umsetzung eines Video-Games.

Die kleine Taube scheint nur noch von einem Elternteil versorgt zu werden. Die Fütterungsabstände werden immer größer. Dann passiert außer der täglichen Schießerei nichts mehr.

Die Tage vergehen. Die kleine Taube wird immer schwächer. Das Köpfchen versinkt immer mehr im Nest, wo einst das Leben begann . Dann ist sie tot.

Die Jägerschaft hat sich eine Patrone gespart, aber nicht den Spaß am Töten.

Mit dem qualvollen Tod der Kreaturen beginnt für die Wildmanager das lustige Leben.

Wenn Internet und Video nicht mehr ausreichen, scheint wohl der Jagdschein gefragt zu sein.

Waidmanns Geil http://www.rp-online.de

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