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Mit den Waffen der Navigation


9mm

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Terroristen, Piraten und Drogenschmuggler haben GPS als neue Waffe entdeckt. Mit der gleichen Technik wollen Polizisten die Kriminellen aufspüren

Als das amerikanische Verteidigungsministerium Anfang der siebziger Jahre mit der Entwicklung eines satellitengestützten Ortungssystems begann, wollten die Militärs im Falle eines Krieges Angriffsziele schnell und sicher bestimmen.

An diese militärische Anwendung denkt heute kaum jemand, wenn er dank seines Navigationsgerätes im Italien-Urlaub die nächstgelegene Osteria findet oder sich nach einem Unfall auf der Skipiste von den Rettungskräften über sein GPS-Handy orten lässt.

In den Händen von Kriminellen kann die Satelliten-Ortung eine gefährlichen Waffe sein. Das zeigten die Anschläge in Mumbai am 26. Dezember 2008. Eine Gruppe aus etwa zehn Terroristen ließ an diesem Tag 17 Sprengsätze in der indischen Finanzmetropole detonieren, griff zur gleichen Zeit Hotels mit Schnellfeuerwaffen an und nahm an mehreren Orten Geiseln. Koordiniert wurden die Anschläge mit moderner GPS-Navigation. Zur Kommunikation nutzten die Täter Satellitentelefone.

Die indische Polizei war bei Weitem nicht so gut ausgestattet wie die Terroristen, vor denen sie die Bevölkerung in Mumbai beschützen sollte. Sie patrouilliert mit Gewehren, die in etwa den Standard haben, mit dem die britische Armee den Ersten Weltkrieg bestritt.

Auch die Piraten von Somalia nutzen GPS

Längst hat auch das organisierte Verbrechen aufgerüstet. Die somalischen Piraten ? meist verarmte Fischer, die jetzt von bewaffneten Überfällen auf Frachtschiffe leben ? werden von ihren Auftraggebern mit modernen Waffen und Technik ausgestattet. Mit GPS und Radartechnik visieren sie die Schiffe an, die sie entern wollen, und greifen dann blitzschnell mit Schnellbooten an.

Die Piraten sind so hochgerüstet, dass inzwischen eine internationale Flotte aus Kriegsschiffen Passagierschiffe, Tanker und Frachter auf ihrer Fahrt durch den Golf von Aden schützen müssen. Jedes Jahr passieren rund 20.000 Schiffe diese Seestraße zwischen dem Jemen und Somalia. Sie ist der wichtigste Seeweg, der Asien und Europa verbindet. In diesem Jahr haben die Hightech-Seeräuber bereits knapp 250 Schiffe gekapert und damit Lösegelder in Millionenhöhe erpresst. Auch die Bundesmarine beteiligt sich an der Anti-Piraten-Mission der Europäischen Union.

Am Freitag vor Weihnachten stimmte der Bundestag dem Einsatz zu. Bis zu 1400 Soldaten könnten vor die somalische Küste geschickt werden, die im Ernstfall sogar Piratenschiffe versenken dürfen.

Drogendealer schmuggeln ihre Ware mit U-Booten

Doch das Horn von Afrika ist nicht der einzige Brennpunkt für hochtechnisierte Kriminalität. Eine besonders ausgefallene Idee, um Polizei und Militär auszutricksen, haben sich kolumbianische Drogenschmuggler ausgedacht.

Sie bestimmten nicht nur geeignete Routen für illegale Transporte mit der Satellitentechnik, sondern bauten das Ortungssystem ist selbst konstruierte U-Boote ein. So konnten sie tonnenweise Kokain durch den kolumbianischen Dschungel in größere Häfen verschiffen.

Anfang Dezember stoppte die mexikanische Marine so ein U-Boot im Pazifik. Die Schmuggler waren auf dem Weg in die USA ? an Bord fanden Ermittler rund zehn Tonnen Kokain.

Eifersüchtige Partner werden mit dem Handy zu Spionen

Neben Terroristen, Piraten und Drogenschmugglern missbrauchen inzwischen auch Kleinkriminelle die GPS-Technik für ihre Zwecke. Wer sein Handy unbeobachtet liegen lässt, kann leicht Opfer eines Stalkers werden: Denn um das Telefon unbemerkt jederzeit orten zu lassen, reicht es aus, von dem Gerät eine kurze SMS an den Anbieter eines Navigations-Tools zu schicken. Die gesendeten SMS und die Empfangsmitteilung werden einfach gelöscht und schon fungiert das Telefon wie ein Sender. So weiß der Stalker immer, wo sich ein Opfer aufhält ? zumindest so lange, wie das Handy eingeschaltet ist. Navigationsgeräte enthalten in aller Regel nur einen Empfänger für Satellitensignale. Nur wenn auch ein Sender eingebaut ist, kann das Gerät geortet werden.

Diese Art der Überwachung nutzt die Polizei bei der Verfolgung Tatverdächtiger. Dass dies rechtmäßig ist, hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe 2005 bestätigt. Geklagt hatte ein wegen Sprengstoffanschlägen verurteilter Terrorist. Die Polizei hatte das Auto eines Komplizen mittels eines heimlich installierten Empfängers orten und so die Taten aufklären können.

Doch auch auf den Fall, dass Polizisten die Satellitennavigation künftig großflächig zur Verbrecherjagd nutzen, werden sich Kriminelle einstellen können. Zum Beispiel, indem sie eine Schwachstelle von iPhones und iPods ausnutzen. Diese Geräte arbeiten mit WLAN (ein Netzwerk, das Daten per Funk überträgt). Informatiker um Professor Srdjan Capkun von der ETH Zürich fanden heraus, dass sich die Ortung dieser Systeme manipulieren lässt.

Bei einer Vorführung zeigte das iPhone eine Position in New York an, obwohl das Gerät in Zürich war. "Das lässt sich für kriminelle Zwecke missbrauchen", sagt Capkun. Beispielsweise, um gestohlene Dinge verschwinden zu lassen. "Wir könnten wertvolle Gegenstände einfach in unserem Büro deponieren und dem Überwachungsgerät eine Fahrt quer durch Zürich vorspielen", sagt der Informatiker. Auch dieses satellitengestützte Versteckspiel dürften die Terroristen und Kriminellen der Zukunft schnell beherrschen.

http://www.zeit.de

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