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Streit um Schießanlagen im Schulkeller


gunfan

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Sportschützen trainieren im Vereinsheim - und nicht selten auch in Schulkellern. Für NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU) ist das ein Unding. Sie fordert alternative Standorte. Die Schützen kontern, solche Forderungen seien reiner Wahlkampf.

Es knallt laut im Untergeschoss der Gemeinschaftsgrundschule Bülsestraße in Gelsenkirchen. Hier trainieren Kinder und Erwachsene des Bürgerschützenvereins Gelsenkirchen Buer-Bülse - und das sehr erfolgreich. Viermal schon wurde der Verein Deutscher Meister im Mannschafts-Luftgewehrschießen. Doch wenn es nach Schulministerin Sommer geht, müssen sich die 250 Vereinsmitglieder bald ein neues Heim suchen. "Ich halte es für bedenklich, wenn Schießanlagen an Schulen vorhanden sind", sagt Sommer zu WDR.de. "Schulen sollen offene und gewaltfreie Orte sein. Da ist es fraglich, ob Schützenvereine dort richtig angesiedelt sind." Sie habe nichts gegen den Schießsport an sich, und die Vereine machten sicherlich eine gute Arbeit. "Trotzdem müssen wir prüfen, ob dieser Sport nicht woanders besser betrieben werden kann." Nach Angaben der Landesregierung wurden bereits bei Einbrüchen in Schulgebäude dort gelagerte Waffen und Munition gestohlen.

Sportler sprechen von Aktionismus

Seit dem Amoklauf von Winnenden sind die Sportschützen in der Defensive. Der junge Mann, der 15 andere Menschen und dann sich erschoss, hatte sich im Waffenschrank seines Vaters bedient - und der ist Sportschütze. Klaus Lindner, Vorsitzender des Schützenvereins BSV Buer-Bülse in Gelsenkirchen, ärgert sich dennoch über die anschließende Debatte. Er wirft der Politik "blinden Aktionismus und Profilieren vor den Wahlen" vor.

Seit 30 Jahren schon schießen die Mitglieder des BSV im Keller der Grundschule Bülsestraße. "Es ist ein unproblematisches Zusammenleben", sagt Lindner. Trainiert werde nur außerhalb des Schulbetriebs. Die Räumlichkeiten seien wie vorgeschrieben gut gesichert und die Gewehre in Stahlschränken sicher verschlossen, wovon sich die Polizei zweimal im Jahr überzeuge. "Wir stellen uns den Anforderungen, weil wir wissen, dass wir sehr gefährliche Sportgeräte haben. Gerade deswegen werden die Kinder zu Disziplin und Rücksichtnahme erzogen, und unsere Trainer müssen sogar eine Eignung nachweisen", erklärt Lindner.

Dezernent in der Zwickmühle

Nach Angaben des Deutschen Schützenbundes gibt es rund 130.000 Aktive in NRW. Es sei durchaus üblich, dass auch in Schulkellern oder Turnhallen trainiert werde, sagt ein Sprecher. Allein in Gelsenkirchen haben sechs Schulen ihre Keller an Schützenvereine vermietet. Als die alten Kohleöfen vor Jahrzehnten gegen moderne Heizungen ausgetauscht wurden, war plötzlich Platz da - zum Beispiel für Schießstände.

"Die Vereine haben erheblich in den Ausbau von Kellern investiert", sagt Gelsenkirchens zuständiger Dezernent Manfred Beck. Er ist gleichzeitig für Bildung und Sport verantwortlich und steckt in einem Zwiespalt. "Als Bildungsdezernent teile ich die Auffassung der Ministerin", sagt Beck. "Als Sportdezernent frage ich: Wie soll das kurzfristig gehen, weil wir die Schützenvereine als Sportvereine schätzen und benötigen?"

Ein neues Vereinsheim ist teuer

Zwar hat Dezernent Beck in seiner Amtszeit keine der Schießanlagen genehmigt, doch aus den Schulen vertreiben will er die Vereine auch nicht. "Wenn wir sie entfernen wollten, müssten wir Alternativen bieten. So ein Vereinsheim kostet sechs- bis siebenstellige Summen. Das können die Vereine gar nicht leisten." Selbst bei einem politischen Konsens sei die Auslagerung nicht realisierbar, sagt Beck. "Wenn man zu dem Schluss kommt, es sei auf Dauer nicht tolerabel, dass Schützen in Schulen trainieren, dann müssen die Kommunen sehen, wie sie es schaffen, mit den Vereinen Alternativen zu entwickeln." Genau dieses Gespräch will Ministerin Sommer gemeinsam mit den regionalen Spitzenverbänden suchen, um neue Standorte für die Sportschützen zu finden.

Schützenbund beruhigt die Eltern

Der Vizepräsident des Deutschen Schützenbundes, Jürgen Kohlheim, fragt sarkastisch, wie groß denn dann die Entfernung zwischen Schule und Schießstand sein solle. "Wo will man die Grenze ziehen? Mir scheint das einer der üblichen Schnellschüsse der Politik zu sein." Jeder einzelne Amoklauf seien tragisch. "Aber man darf das nicht alles in einen Topf werfen und letztlich eine gute und wertvolle Jugendarbeit diskreditieren." Kohlheim versichert, kein Schulkind komme mit Waffen in Kontakt. Kinder und Jugendliche, die im Schießsportverein mitmachen wollen, benötigten das Einverständnis der Eltern. "Wir freuen uns immer alle über olympische Medaillen. Aber dann muss ich auch im frühen Alter anfangen zu trainieren", sagt Jürgen Kohlheim.

http://www.wdr.de

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