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Berufsgruppe Waffenhändler erhöhter Gefährdung ausgesetzt


357.mag

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Das Amt für Polizeiverwaltung des Kantons Bern hat im letzten August eine Stellungnahme zur Waffentragbewilligung geschrieben, welche von den üblichen stereotypischen Nein-Antworten der Administration Abstand nimmt. Die Vorsteherin des Amtes beantragte, dass eine Waffentragbewilligung einem Waffenhändler erteilt werde, weil das Vorliegen einer erheblichen, tatsächlichen Gefährdung mit Blick auf dieser Berufsgruppe eindeutig bejaht werden muss. Wir publizieren diese Stellungnahme, mit Änderung der Namen und Orte.

Wir danken Ihnen für die Gelegenheit, zur eingangs erwähnten Beschwerde Stellung nehmen zu können. Mit unserem Mitbericht versuchen wir dazu beizutragen, im Kanton Bern eine einheitliche Praxis zu begründen und können uns dazu wie folgt äussern:

Der Regierungsstatthalter von Bern wies das Gesuch für eine Waffentragbewilligung (WTB) des Beschwerdeführers, welcher Büchsenmacher und Mitarbeiter eines Waffengeschäfts ist und deshalb eine Gefährdung durch Überfälle geltend macht, mit folgender Begründung ab:

Eine konkrete, das übliche Mass übersteigende Gefährdung des Beschwerdeführers liege nicht vor. Er mache keinen einzigen Vorfall geltend, der auf eine konkrete Gefährdung seiner Person, seines Eigentums oder von Dritten schliessen lassen würde. Das Gefährdungspotential, welchem der Beschwerdeführer ausgesetzt sei, unterscheide sich grundsätzlich nicht von demjenigen anderer Personen, welche berufsmässig gleichen oder ähnlichen Betätigungen nachgingen. Der Beschwerdeführer habe es in der Hand, andere wirksame Vorkehren gegen Überfälle zu treffen. Die Befürchtung, dass die Waffen, welche bei seinem Arbeitgeber gekauft würden, in den Händen von Verbrechern eine übermässige Gefahr für Dritte darstellten, sei nicht geeignet, eine das übliche Mass übersteigende Gefährdung des Beschwerdeführers zu begründen. Würde anders entschieden, so müsste grundsätzlich jeder Person ohne weiteres eine Waffentragbewilligung erteilt werden, die in einem Geschäftslokal arbeite, was jedoch gerade nicht Sinn und Zweck der neuen Waffengesetzgebung sei, das verhindern solle, dass weiten Kreisen der Bevölkerung ohne Vorliegen einer entsprechenden Gefährdung das Waffentragen ermöglicht werde.

In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, dass er eine Waffe benötige, um sich selbst, andere Personen oder Sachen vor einer tatsächlichen Gefährdung zu schützen, was durch zahlreiche Straftaten im Zusammenhang mit Waffengeschäften belegt sei. Er nennt dabei namentlich diverse Vorkommnisse im Kanton Schwyz und den Raubüberfall auf?[ein..] Waffengeschäft. Der Beschwerdeführer befinde sich dabei in einer ähnlichen Situation wie der [überfallene] Waffenhändler, weil sich Kriminelle bei ihm unter Gewaltanwendung Zugang zu Waffen und Munition verschaffen könnten. Kriminelle hätten ein spezielles Interesse an Waffen und Munition, welche nach der gesamtschweizerischen Verschärfung des Waffengesetzes nun schwieriger zu beschaffen seien. Die Geschäftsräume müssten deshalb speziell gesichert werden. Innerhalb der Räume sei der Waffenhändler denn auch nicht auf das Tragen einer Waffe angewiesen, hingegen sei er ausserhalb der Räumlichkeiten schutzlos dem Risiko eines Überfalls ausgesetzt, der auf die Erbeutung der in den Räumlichkeiten gelagerten Waffen und Munition abziele. Die Vorinstanz komme überdies in ihren Ausführungen zum Schluss, dass der Beschwerdeführer keinen Vorfall geltend gemacht habe, der auf eine konkrete Gefährdung seiner Person schliessen würde, was implizit bedeute, dass eine Person nur eine Waffentragbewilligung erhalten könne, wenn sie bereits einmal überfallen worden sei.

Der Beschwerdeführer könne ausserhalb der Geschäftsräume eben keine anderen wirksamen Vorkehren treffen, um sich zu schützen. Die eidgenössische Waffengesetzgebung sei eine Missbrauchsgesetzgebung und dürfe gegen eine korrekte und legale Verwendung von Waffen nicht unnötig schikanöse und bürgerfeindliche Einschränkungen zulassen. Im Kanton Bern erfolge darüber hinaus eine rechtsungleiche und willkürliche Anwendung von Art. 27 des Waffengesetzes, was dadurch belegt sei, dass andere Waffenhändler im Kanton Bern und in anderen Kantonen, die sich in der gleichen Situation befänden wie der Gesuchsteller, ohne weiteres eine Waffentragbewilligung erhalten hätten. Eventuell wird beantragt, die Gebühr von Fr. 150.-- des erstinstanzlichen Verfahrens aufzuheben, da für die Verweigerung einer Bewilligung nach der eidgenössischen Waffenverordnung keine Gebühr erhoben werden dürfe.

In seiner Vernehmlassung vom 13. Juli 2000 verlangt der Regierungsstatthalter die Gutheissung des Eventualantrags [Gebühr] und die Abweisung des Hauptantrags. Bezüglich des Hauptantrags hält er an seiner früheren Begründung fest und bestreitet, dass der Beschwerdeführer einer überdurchschnittlichen Gefährdung ausgesetzt sei. Er vergleicht den Beschwerdeführer mit ähnlichen Personengruppen, welche über Schlüssel für den Zugang zu begehrten Beuteobjekten verfügten (Geschäftsführer, Bankfilialleiter, Garagenbesitzer etc.). Die Verschärfung des Waffengesetzes habe keine Erhöhung der Gefährdung der Waffenhändler zur Folge. Ein willkürlicher Entscheid liege nicht vor, ihm lägen sachliche, vertretbare Gründe zugrunde. Es sei bei der Einführung einer neuen Regelungsmaterie üblich, dass bis zum Vorliegen einer gefestigten oberinstanzlichen Praxis unterschiedliche Rechtsauffassungen vorherrschen könnten, welche durch die Rechtsmittelbehörde gewürdigt und bereinigt werden müssten.

Das Amt für Polizeiverwaltung schliesst sich den Überlegungen und Argumenten des Beschwerdeführers vollumfänglich an und beantragt daher die Gutheissung der Beschwerde. Unsere Ausführungen beschränken sich im folgenden auf die Frage des Bedürfnisnachweises, da dies der einzig strittige Punkt in vorliegendem Verfahren darstellt.

Die Botschaft vom 24. Januar 1996 zum Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition äussert sich betreffend Artikel 27 WG (Waffentragen) unter anderem dahingehend, dass der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin glaubhaft zu machen hat, dass nur durch das Tragen einer Waffe einer konkreten Gefährdung, die im Einzelfall dargetan werden muss, begegnet werden kann.

Mit den Vorgaben des neuen Waffengesetzes wird eine gesamtschweizerisch einheitliche Praxis hinsichtlich des Waffentragens (Artikel 7 WG) angestrebt. Die Voraussetzung, dass eine Waffentragbewilligung nur dann erteilt werden kann, wenn ein berechtigtes Bedürfnis glaubhaft gemacht wird, dient dem Schutz der öffentlichen Sicherheit.

An das Glaubhaftmachen (Bedürfnisnachweis) einer Gefährdung sind strenge Anforderungen zu stellen, wobei konkrete, das übliche Mass übersteigende Gefährdungsmomente nachzuweisen sind. In der Parlamentsdebatte wurde bei der Konkretisierung des Bedürfnisnachweises unter anderem auf die bisherige Genfer Praxis verwiesen, wonach Restaurateure, Bijoutiers, Diamantenhändler und ähnliche Personenkreise den Bedürfnisnachweis in der Regel ohne weiteres zu erfüllen vermögen. Gemäss Art. 3 des Waffengesetzes ist das Recht auf das Tragen einer Waffe grundsätzlich gewährleistet, so dass das Waffentragen durch gut beleumdete Bürger nicht unnötig eingeschränkt werden soll.

Es gehört mittlerweile auch im Kanton Bern zur gefestigten Praxis, dass Personen, welche im Sicherheitsdienst tätig sind und Begleitpersonen von Geld- und Wertsachentransporten den Bedürfnisnachweis aufgrund einer tatsächlichen Gefährdung ohne weiteres zu erbringen vermögen. Dies hat unseres Erachtens auch und vor allem für Waffenhändler zu gelten. Die Ausführungen des Beschwerdeführers treffen zu, wonach dieser ausserhalb der Geschäftsräumlichkeiten generell einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt ist. Das ist insbesondere vor allem dann der Fall, wenn der Beschwerdeführer aus beruflichen Gründen Waffen transportiert, die er beim Lieferanten oder bei den Zollbehörden abholt. Da es für einen Kriminellen in der Regel schwierig sein dürfte, in die speziell gesicherten Geschäftsräume einzudringen, liegt es auf der Hand, dass diese über den Beschwerdeführer selber versuchen werden, an Waffen und Munition zu kommen. In diesem Kontext gibt es für den Beschwerdeführer ausserhalb seiner Geschäftsräumlichkeiten kaum geeignetere, mildere Mittel, um eine konkrete Bedrohung abzuwenden, dürfte doch gerade im Bereich Waffen die Gewaltbereitschaft eines Täters höher sein, als bei üblichen Einbruchs- oder Raubdelikten auf geringere oder für Kriminelle weniger bedeutende Vermögenswerte. Ein Vergleich mit Geld- und Wertsachen-transporten, die regelmässig von bewaffneten Schutzpersonen begleitet werden, drängt sich auch hier auf.

Eine konkrete, tatsächliche Gefährdung liegt mithin nicht erst dann vor, wenn der Gesuchsteller tatsächlich schon einmal bedroht oder überfallen wurde. Eine solche Auslegung kann nicht im Sinn von Art. 27 des Waffengesetzes sein und führte zu einer unzulässigen Einschränkung des Grundsatzes von Art. 3 des Waffengesetzes, welches das Recht auf das Waffentragen grundsätzlich gewährleistet. Die Einschränkungen sind immer im Lichte der Missbrauchsbekämpfung zu betrachten.

Der Beschwerdeführer ist aufgrund seines Berufes tatsächlich einer das übliche Mass übersteigenden Gefährdung ausgesetzt. Er kann von daher gesehen ohne weiteres mit einem Angestellten einer Sicherheitsfirma oder einer Begleitperson von Geld- und Wertsachentransportes verglichen werden, da auch der Waffenhändler in seinem Berufsalltag mit Gütern in Berührung kommt, welche ein begehrtes Ziel von Kriminellen sind. Im Gegensatz zu Geld und Wertsachen kommt Waffen sogar noch eine besondere Bedeutung zu, da diese im Gegensatz zu jenen Gütern in den falschen Händen ein erhebliches Gefährdungspotential für Leib und Leben der Bürgerinnen und Bürger darstellen.

Den Ausführungen des Regierungsstatthalters, wonach auch Bankfilialleiter und ähnliche Berufsgruppen die gleichen Argumente für eine Waffentragbewilligung ins Felde führen könnten, ist entgegenzuhalten, dass uns bislang kein Fall bekannt ist, in welchem beispielsweise ein Bankier oder Bijoutier um eine Waffentragbewilligung ersucht hat. Unseres Erachtens könnte solchen Personen aufgrund der selben Überlegungen unter den gegebenen Umständen eine Waffentragbewilligung jedenfalls nicht a priori verweigert werden, da die genannten Berufsgruppen in der Regel tatsächlich einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, Opfer einer schweren kriminellen Handlung zu werden. Es gibt unzählige Fälle von Personen von Sicherheitsdiensten und Begleitern von Wert- und Warentransporten, welche einer konkreten Gefährdung ausgesetzt sind und die deshalb auch über eine entsprechende Waffentragbewilligung für die Ausübung ihres Berufes verfügen. Der Beschwerdeführer ist indessen aus den genannten Gründen - wie beispielsweise ein Bankier oder Juwelier - auch ausserhalb seiner beruflichen Tätigkeit einem erhöhten Risiko ausgesetzt.

In Fällen anderer Berufsgruppen wie beispielsweise Taxifahrer oder Nachtportiers wurde die Erteilung einer Waffentragbewilligung mit Recht verweigert, da hier eine tatsächliche Gefährdung, die das übliche Mass übersteigt, nicht gegeben war. Dies trifft jedoch gerade auf die Berufsgruppe der Waffenhändler nicht zu, da sie im Gegensatz zu jenen Berufsgruppen mit besonders wertvollen und gefährlichen Gütern zu tun haben und von daher gesehen einer überdurchschnittlichen Gefährdung ausgesetzt sind. Auch Dritte werden durch den Raub von Waffen potentiell gefährdet, so dass sich die Erteilung einer Tragbewilligung rechtfertigt, wenn man die in Frage stehenden Rechtsgüter betrachtet und gegeneinander abwägt.

Zur Rüge der Willkür und der rechtsungleichen Behandlung des Beschwerdeführers ist zu sagen, dass das Vorliegen einer tatsächlichen Gefährdung zwar grundsätzlich im Einzelfall zu betrachten ist, es jedoch nicht von der Hand gewiesen werden kann, dass gewisse Berufs- und Personengruppen generell einer höheren Gefährdung ausgesetzt sind als andere. Die vom Beschwerdeführer zitierten Fälle sind unseres Erachtens denn auch tatsächlich miteinander vergleichbar, denn die Feststellung trifft zu, dass die Berufsgruppe der Waffenhändler einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt ist. Im Sinne einer einheitlichen Anwendung des Waffenrechts, die ja mit der Einführung der Bundesgesetzgebung über Waffen und Munition gerade erreicht werden sollte, drängt sich eine grundsätzliche Gleichbehandlung bestimmter Berufsgruppen - wie dies ja im Falle der Verweigerung von Waffentragbewilligungen inzwischen gängige Praxis ist, wenn man die Beschwerdeentscheide von Taxifahrern, Nachtportiers und ähnlichen Berufen betrachtet - auf, wobei nach der Würdigung dieses allgemeinen Kriteriums immer auch eine Betrachtung des konkreten Einzelfalles vorgenommen werden muss. Im Falle des Beschwerdeführers muss das Vorliegen einer erheblichen, tatsächlichen Gefährdung mit Blick auf die Berufsgruppe, welcher er angehört, eindeutig bejaht werden. Vorliegend drängen sich bei der Betrachtung der konkreten Umstände keinerlei Überlegungen auf, welche eine Ungleichbehandlung mit anderen Waffenhändlern im Kanton Bern und der übrigen Schweiz rechtfertigen würden.

Auf die Frage der Gebühr braucht an dieser Stelle nicht weiter eingegangen zu werden, da diese im vorliegenden Falle unstrittig und die Rechtslage unseres Erachtens eindeutig ist.

Wir beantragen deshalb, die Beschwerde gutzuheissen und die Waffentragbewilligung zu erteilen. Allenfalls ist die Bewilligung mit der folgenden Auflage zu versehen: ?im Zusammenhang mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit?.

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