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"Richtig schießen" - B.Z. v. 19.03.05


bopper

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Richtig schießen - 19.03.2005

Wie Schauspieler auf ihren Einsatz in Krimi-Serien vorbereitet werden

Glamourös ist die Schauspielerei hier sicher nicht. Die muntere Truppe, die an diesem Morgen über das verschneite Polizeigelände in Richtung Schießbaracke stapft, sieht eher aus, als wolle sie ein Winterüberlebenstraining starten: In dicken Daunenjacken, mit Pudelmützen oder Basecaps haben sich die Stars aus der RTL-Polizeiserie "Abschnitt 40" gegen die Kälte in der ungeheizten Schießbaracke gewappnet. Denn Sebastian Bezzel und Ole Puppe, Nana Krüger, Oliver Elias, Eva Meier und Heinz Werner Kraehkamp sind nicht zum ersten Mal zum Schießtraining nach Wannsee geladen. "Es ist ganz wichtig, vor Drehbeginn die entscheidenden Handgriffe noch einmal zu üben", sagt Regisseur Florian Kern.

Nach Ostern, wenn für alle im Team die Sommersaison beginnt - die Filmleute kennen nämlich nur zwei Jahreszeiten: die mit Blättern an den Bäumen und die ohne - wird Kern in Kreuzberg die Auftaktfolge der neuen "Abschnitt 40"-Staffel drehen. Die Episode "Faust in der Tasche" hat für "Abschnitt 40"-Verhältnisse ungewohnt viele handgreifliche Szenen: die Streifenpolizisten Ulf (Sebastian Bezzel) und Sebastian (Ole Puppe) sollen in eine Kreuzberger Kiez-Randale zwischen Neonazis und Antifaschisten geraten. Mit Schild und Knüppel müssen sie sich gegen eine Übermacht steinewerfender Autonomer wehren. "Nee, nee, so nicht!", lacht der Polizei-Ausbilder Gerd, als sich die Schauspielerin Eva Meier probehalber mal das Plastikschild greift: "Du hältst das Ding total verkehrt rum." Mit geübten Griffen legt Gerd das Schutzschild an, und schwingt fröhlich grinsend den Knüppel. "Greif mal zu!", fordert er einen der umstehenden Schauspieler auf. Aber ehe der sich versieht, hat Gerd ihm den Knüppel schon wieder entrissen. "Immer nach hinten ziehen, dann rutscht der Stock aus der Hand des Angreifers raus."

Damit es gut aussieht

Gerd und sein zweiter Mann Bernd haben Jahre beim SEK hinter sich. Beim Dreh in vier Wochen werden die beiden abwechselnd am Set sein und aufpassen, dass die Laien im Eifer des Gefechts nicht wieder alles falsch machen. Zum Beispiel den Knüppel zu hoch halten, das Schild zu tief, den Ausfallschritt zu kurz, den Polizeigriff nicht beherzt genug. Gerd ist nicht nur Polizeiprofi, sondern auch Medienprofi. Er zeigt den Schauspielern vor allem Griffe, die auf der Mattscheibe später was hermachen. Zum Beispiel wie man einem weglaufenden Täter mit voller Wucht in die Kniekehle springt, um ihn damit zu Fall zu bringen. "Es soll ja schließlich ooch juut aussehen, oder?"

Den jungen Schauspielern wird von den vielen körperbetonten Techniken schon abwechselnd heiß und kalt - nicht nur, weil es vor der Baracke, wo das schweißtreibende Abgreifen, Festnehmen, Abführen geübt wird, ganz schön frostig ist. Schauspieler sind nun mal keine Nahkämpfer und überhaupt eher friedfertige Menschen. Wenn die kampferprobten SEK-Profis Gerd und Bernd so richtig loslegen, voll Inbrunst "Bullenschweine" rufen und also entsprechend aggressiv die entfesselten Angreifer markieren, neigen diese nachgiebigen Schauspiel-Polizisten unübersehbar zum Weglaufen.

Damit sind Kraehkamp und die anderen freilich in allerbester Gesellschaft. Auch Streifenpolizisten haben gemeinhin in solchen Ausnahmesituationen mit ihren Nerven zu kämpfen. "Es kommt immer wieder vor, dass ein Kollege nach dem Schuss aus Panik seine Waffe verliert", wird Gerd später in der Baracke beim Schießtraining erklären. Schon der heftige Rückschlag der Dienstpistole kann einen ungeübten Beamten unvermittelt in Angst und Bange versetzen. Der Waffengebrauch ist schließlich auch für einen Streifenpolizisten eher die Ausnahme.

Deshalb müssen die Kollegen hier auf dem Schießstand regelmäßig an überlebenswichtige Routine erinnert werden. Zum Beispiel daran nach dem Schuss mit einem Seitschritt aus dem Gefahrenbereich zu treten. Laut Polizeistatistik sind 95 Prozent aller abgefeuerten Patronen aus einer Dienstwaffe so genannte "Notwehrschüsse". Meistens geht der erste Schuss daneben, weiß Gerd, weswegen den Beamten schon in der Ausbildung eingeschärft wird, "Dubletten zu schießen" - was meint, nach dem ersten Schreck gleich noch einen zweiten Schuss abzugeben. Der gezielte Schuss mit dem gestreckten Oberarm über Kimme und Korn, wie er auf dem Schießstand geübt wird und im Film immer so cool aussieht, ist letztlich graue Theorie. "Den gibt es im Polizeialltag praktisch gar nicht", erklärt der Ausbilder den Schauspielern. In aller Regel hat der Beamte in der Gefahrensituation gerade mal Zeit für einen - nein! zwei! - "Deutschüsse". So heißen in der Fachsprache die eilig und ungezielt abgefeuerten Pistolenschüsse, mit denen die Polizisten nur vage in Richtung Ziel deuten.

Wenig Action, viel Elend

In der RTL-Serie "Abschnitt 40" sind selbst solche Deutschüsse eher die Ausnahme. Seit drei Jahren ist das Erfolgsformat auf Sendung. Drehbuchautor Christoph Darnstädt legt viel Wert auf die Authentizität der Figuren und den Realismus der Geschichten. Und das heißt bei einer Serie über Streifenpolizisten eben eher wenig Action und viel soziales Elend. "Abschnitt 40" erzählt von vernachlässigten Kindern, ausgebeuteten Behinderten, verwahrlosten Alkoholikern und ausgebufften Trickbetrügern. Letztlich kein anderes Personal als in der ARD-Vorabendserie "Großstadtrevier". Aber während die freundlichen ARD-Schutzpolizisten immer alles zum Guten wenden können, kämpfen die Polizisten von "Abschnitt 40" oft gegen ihre persönliche und institutionelle Ohnmacht.

Auch in "Faust in der Tasche" wird es darum gehen, dass die Polizisten Ulf und Sebastian notgedrungen einen Trupp Neonazis vor den Kreuzberger Antifaschisten schützen müssen, obwohl ihre Sympathie eher bei den vermummten Demonstranten vor der Tür als bei den üblen Glatzen am Kneipentresen liegt. Nach langem Hin und Her wird die politische Auseinandersetzung vor der Nazikneipe zu einer veritablen Straßenschlacht eskalieren, in der die Polizisten zwischen allen Fronten stehen - und bald nur noch die Minuten zählen, bis die Verstärkung endlich eintrifft.

"Nicht so zaghaft, mehr Power! Denkt dran: Hier fliegen Steine, wir sind aggressiv! Ihr müsst euch wehren!", stachelt Gerd die Schauspieler hinter den Polizeischildern an. "Bullenschweine! Bullenschweine!" rufen die anderen, um ein bisschen Atmosphäre zu markieren. Ole Puppe kommt schließlich auf die Idee, ein paar Schneebälle zu basteln. Bald fliegen die weißen Bälle wie am 1. Mai am Heinrichplatz die Steine. Plötzlich sieht das Gerangel zwischen Polizei und Angreifer so echt aus, dass die Schauspieler für einen Moment ihre Zurückhaltung vergessen und plötzlich ziemlich beherzt gegen Gerd und Bernd vorgehen.

"Danke!", ruft Regisseur Florian Kern, als wären alle schon beim Dreh, und prompt lassen die Schauspieler von ihren Gegnern ab. Gelernt ist eben gelernt.

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Von 0 auf 100 in 5,1 sek. Wieviel "G" sind das? :mrgreen:

100 km/h = 27.8 m/s (weil 1 m/s = 3,6 km/h)

1 g = 9,81 m/s² (alles gerundet)

a = dv / dt

a = 27,8 m/s / 5,1 s

a = 5,45 m/s²

a = 0,55 g - also gut halbe Erdbeschleunigung; d.h., ein 90kg-Mann wird mit ca. 50 kp (umgangssprachlich 50kg, also dem Äquivalent eines Zentners) in die Sitze gepreßt. Wer dabei die Besinnung verliert, sollte besser auch das Radfahren sein lassen.

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