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Rentner aus Sittensen/ hier: Notwehr? -> aktueller Stand


joedalton

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Liebe Forenteilnehmer,

weiß eigentlich jemand etwas über den aktuellen Stand der Revision beim BGH i. S. "Rentner aus Sittensen / Notwehr".

Den letzten Stand, den ich habe, ist, dass auch seine Verteidigung Rechtsmittel eingelegt hat. Man kann nur hoffen, dass diese nicht taktisch hinausgezögert wird. Der Mann ist 81 und krank.

Ich habe mal die augenscheinlichen Fakten recherchiert, zusammengeschrieben und grob geordnet, ohne diese in irgendeiner Art und Weise zu werten. Bitte korrigiert mich, falls was nicht stimmt.

1) Auf Krücken angewiesener Ernst B. will zwei Wochen vor Jahreswechsel 2010/2011 in seinem Garten seine Hunde im Zwinger füttern. Fünf junge Männer mit Migrationshintergrund (16-24), die ihn zuvor beobachtet hatten, überfallen den Mann, halten ihm eine (wie sich später herausstellt originalgetreue Softair-)pistole an den Kopf und drängen ihn in sein Haus.

2) Ihm wird dabei sein Portemonnaie aus der Hose gezogen mit 2.000 EUR Bargeld darin (als Bestattungsunternehmer im Ruhestand rel. vermögend). Zusätzlich wird seine Halskette und seine Uhr abgerissen.

3) Als die Bande den Mann mit zum im Haus befindlichen Tresor nimmt und diesen öffnet, löst sie Alarm aus. Der Mann wird stehen gelassen und die Bande flüchtet mit dem Geld.

4) Der überfallene Rentner nimmt daraufhin sofort seine Pistole aus dem vor ihm liegenden Tresor und schießt - nachdem er wegen Alter, Krankheit und Krücken nicht hinterherrennen kann und die Täter obendrein mit der Drohung am Kopf bereits von der eigenen Waffe Gebrauch gemacht haben - 4x auf den letzten Flüchtenden, der den Geldbeutel noch in der Hand hatte. Labinot S. (damals 16) bleibt von einer der vier Kugeln (der dritten) getroffen liegen, die Softair-Waffe neben ihm, der Rest der Bande flieht weiter. Labinot S. stirbt noch vor Ort aufgrund einer Verletzung der Aorta in 1,25m Höhe.

5) Rentner ruft Polizei.

6) Rest der Bande wird zu hohen Haftstrafen (3-4 Jahre ohne Bewährung) verurteilt (einer davon sofort nach Verbüßung in den Kongo abgeschoben), die Staatsanwaltschaft sieht das Verhalten des Rentner als eindeutige Notwehr gedeckt (Angriff auf sein Eigentum war noch gegenwärtig und der SWG war in dieser speziellen Situation notwendig und geboten um diesen zu beenden) und stellt das standardmäßig eröffnete Verfahren aufgrund dessen wieder ein.

7) Großfamilie des Getöteten legt mit Hilfe des "auf die Unterstützung von Verbrechensopfern spezialisierten" Anwalts Thomas K. als "Verletzter im juristischen Sinne" eine Vorschaltbeschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens gegen den Rentner ein und betreibt ein Klageerzwingungsverfahren gem. § 172 StPO. Der Anwalt des Familienclans veröffentlicht folgendes Statement: ´Die Einstellung der Ermittlungen gegen den Rentner ist eine fatale Botschaft. Das sagt doch: Wenn ihr überfallen werdet auf eurem Grundstück, dürft ihr den Täter erschießen.´ Zugleich wird von ihm ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss angedroht.

8) Die Staatsanwaltschaft folgt dieser Beschwerde (vermutlich um keinen "Geschmack" aufkommen zu lassen) und ermittelt weiter. Das LG Celle lehnt nach ausführlicher Prüfung der Aktenlage jedoch selbst die Eröffnung eines Hauptverfahrens ab, wegen nicht zu erwartender Verurteilung, da, so die Begründung, "von einem hinreichenden Tatverdacht eines Tötungsdeliktes nicht auszugehen sei". Die Ablehnung erfolgte ordnungsgemäß gem. § 204 StPO.

9) Die Familie des Opfers tritt nun als Nebenkläger auf und legt "sofortige Beschwerde" ein, gem. § 400 StPO.

10) Die Entscheidung liegt StPO-konform beim OLG Celle; dieses eröffnet nun doch eine Hauptverhandlung, um den Fall abschließend in persona und nicht nach reiner Aktenlage zu bewerten.

11) Rentner bricht während des Verfahrens mehrmals mit Weinkrämpfen zusammen. Ein Gutachter muss die Verhandlungsfähigkeit prüfen. Eine Aussetzung des Verfahrens steht im Raum.

12) In ihren Plädoyers am Ende dieses Verfahrens, nachdem alle Beteiligten, Zeugen, Ermittler gehört und die Aktenlage erörtert wurde, stellen sowohl die Verteidigung (das war klar) als auch die Staatsanwaltschaft (das ist sehr selten) einen Antrag auf Freispruch. Wohlgemerkt Anträge auf Freispruch (!), nicht auf die Einstellung des Verfahrens o. Ä. Allerdings plädiert die Staatsanwaltschaft nun nicht mehr wie die Verteidigung auf den Rechtfertigungsgrund der Notwehr per se sondern sieht nur noch einen Schuldausschließungsgrund des „extensiven Notwehrexzesses“ i. S. § 33 StGB, da es zwar „objektiv keine Notwehrlage gegeben“ habe, sich der Rentner aber trotzdem „so gefühlt und aufgrund seiner Todesangst gehandelt habe“. Die Verteidigung bleibt stringent bei der reinen Notwehrlage i. S. § 32 StGB und führt beispielsweise an, dass z.B. "ein vorheriger Warnschuss in der gegebenen Situation nicht sicher zur Beendigung des Angriffs geführt hätte, da die Täter bereits auf der Flucht befindlich waren. In der Situation hätten die Täter bei einem Warnschuss ihre Flucht weiter fortsetzen und daher mit der Beute ´im Dunkel der Nacht verschwinden´ können". Diese Fallkonstellation hatte der BGH noch 2001 als Notwehr anerkannt.

13) Der Richter Berend A. folgt weder dem Antrag der Verteidigung noch dem der Staatsanwaltschaft und verurteilt den Mann wegen Totschlags zu einer Haftstrafe, die lediglich wegen einer verminderten Schuldfähigkeit zur Bewährung ausgesetzt wurde (9 Monate Freiheitsstrafe). Sämtliche waffenrechtlichen Erlaubnisse und der Jagdschein wurden widerrufen.

14) Der Richter (im Übrigen der Selbe, der 2012 bei seiner Urteilsbegründung gegen den mehrfachmordenden „Maskenmann“ Martin N. den Vater eines der getöteten Jungen wegen des verwendeten Wortes „Kreatur“ gegen den Täter zurechtwies) begründet seine Verurteilung wegen Totschlag trotz anderslautender Ergebnisse aller Vorinstanzen damit, dass jemand, der Waffen im Haus habe, sich damit auseinandersetzen müsse, wann und wie man sie benutzen dürfe und dass das deutsche Recht kein „stand your ground“ kenne.

15) Die Familie des getöteten Angreifers zeigt sich zufrieden und verzichtet als Nebenkläger auf Rechtsmittel.

16) Der Onkel des getöteten Angreifers, Mirena S., hatte zuvor angekündigt: „"Wenn die Justiz versagt, dann mache ich auch Selbstjustiz." Die Familie entstammt dem Kosovo. Er hatte zuvor bereits direkt neben dem Anwesen des überfallenen Rentners eine Gedenkstätte errichtet und trotz deren Zerstörung immer wieder aufgerichtet mit der Begründung „wir werden nicht aufhören, herzukommen. Opa soll diesen 13. Dezember nie vergessen.“

17) Sowohl Verteidigung (logisch) als auch die Staatsanwaltschaft (ist anscheinend immer noch nicht überzeugt worden) teilen die Verurteilung nicht und legen beide Rechtsmittel in Form der Revision ein. Begründung der Staatsanwaltschaft, die in einem Verfahren im Übrigen nicht den Angeklagten sondern die Anklage (!!) vertritt, im NDR: „Wir halten das Urteil für nicht richtig.“

So mein aktueller Stand, den ich zusammengetragen habe. Weiß jemand den momentanen, vielleicht aktualisierteren Stand? Vielen Dank und Gruß

PS: noch eine kleine subjektive Anmerkung: Ich habe seit Bekanntwerden so ziemlich alle geläufigen StGB-Kommentare, publizierte Erläuterungen zum allgemeinen Teil des StGB, juristische Fachaufsätze und höchstrichterliche Urteile zu diesem Thema durchforstet und - bitte schlagt mich - muss sagen, dass ich nicht mal der letzten Einschätzung der StA mit dem Notwehrexzess folgen kann... geschweige denn dem Urteil. Bin ich antiquiert?? *kopfkratz*

Edited by erik_fridjoffson
Wort auf Wunsch geändert
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PS: noch eine kleine subjektive Anmerkung: Ich habe seit Bekanntwerden so ziemlich alle geläufigen StGB-Kommentare, publizierte Erläuterungen zum allgemeinen Teil des StGB, juristische Fachaufsätze und höchstrichterliche Urteile zu diesem Thema durchforstet und - bitte schlagt mich - muss sagen, dass ich nicht mal der letzten Einschätzung der StA mit dem Notwehrexzess folgen kann... geschweige denn dem Urteil. Bin ich antiquiert?? *kopfkratz*

Bei dem Prozess mußt du nur einen einzigen Punkt verstehen - - die Herkunft des Erschossenen.

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Es ging aber mal was von suboptimalen Angaben des Rentners durch die Presse.

Johann

Die ein Seite besteht aus einem 80 jährigen (schwer) behinderten Mann - die andere Seite aus 5 jungen Männern, die eine Straftat begehen.

Wie "optimal" wären wohl deine Handlungen/Aussagen in dieser Situation (auch nachdem dir eine Waffe an den Kopf gehalten wurde) und in Kenntnis der Sachlage, daß in einem Nachbardorf kurz zuvor eine ältere Dame bei einem Raubüberfall getötet wurde.

Wenn ich jetzt einmal "hätte, wenn, würde" spiele, dann würde ich behaupten, daß der Rentner, wenn die Alarmanlage nicht losgegangen wäre, an diesem Prozeß nicht mehr teilnehmen würde, sondern längst beerdigt wäre, weil er mit seiner eigenen Waffe wohl erschossen worden wäre.

Er hat Glück gehabt - einer der Gang leider die Arschkarte gezogen.

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Die ein Seite besteht aus einem 80 jährigen (schwer) behinderten Mann - die andere Seite aus 5 jungen Männern, die eine Straftat begehen.

Wie "optimal" wären wohl deine Handlungen/Aussagen in dieser Situation (auch nachdem dir eine Waffe an den Kopf gehalten wurde) und in Kenntnis der Sachlage, daß in einem Nachbardorf kurz zuvor eine ältere Dame bei einem Raubüberfall getötet wurde.

Meine Schuld,

wieder nicht drauf geachtet dass im Forum grundsätzlich alles was man fehlinterpretieren kann auch falsch verstanden wird.

Er hat sich meiner Erinnerung nach vor Gericht, das ist dort wo er einen Anwalt an der Seite hatte unklug ausgedrückt.

Wie ich mich mit 80 verhalte kann ich Dir heute noch nicht sagen, ich hoffe aber dass ich dann als immer noch in der Lage bin wie heute auch dann meinen Anwalt reden zu lassen.

Johann

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So mein aktueller Stand, den ich zusammengetragen habe. Weiß jemand den momentanen, vielleicht aktualisierteren Stand? Vielen Dank und Gruß

PS: noch eine kleine subjektive Anmerkung: Ich habe seit Bekanntwerden so ziemlich alle geläufigen StGB-Kommentare, publizierte Erläuterungen zum allgemeinen Teil des StGB, juristische Fachaufsätze und höchstrichterliche Urteile zu diesem Thema durchforstet und - bitte schlagt mich - muss sagen, dass ich nicht mal der letzten Einschätzung der StA mit dem Notwehrexzess folgen kann... geschweige denn dem Urteil. Bin ich antiquiert?? *kopfkratz*

Vielen Dank für die Aufstellung. M.E. fehlt nur die Prostituierte. Die hatten den jungen Räubern gesteckt, wo der Mann wohnt und ist wohl auch bestraft worden.

Ich habe den Fall nur verfolgt. Die VIER Schüsse waren mir unbekannt, dito der Treffer. Lt. Zeitung wurde immer nur "in den Rücken" geschossen gefaselt.

Notwehrexzess? Genau das ist die Frage!

Natürlich haben wir ein Stand your Ground-Recht in Deutschland. Bei uns lautet das "Recht muss dem Unrecht nicht weichen".

Der Beck-Blog zeigt auch, dass eine Verhältnismäßigkeit zwischen Angriff(smittel) und Gegenwehr im deutschen Strafrecht nicht vorgesehen ist. Sofern hier kein völliges Missverhältnis vorliegt, kann sich der Angegriffene des Abwehrmittels bedienen, das ihm zur Verfügung steht und geeignet ist, den Angriff sofort zu stoppen. Das Risiko trägt der Angreifer.

Das schließt grundsätzlich auch den Einsatz lebensgefährlicher Mittel, wie etwa den Gebrauch eines Messers, ein. Zwar kann dieser nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen und darf auch nur das letzte Mittel der Verteidigung sein; doch ist der Angegriffene nicht genötigt, auf die Anwendung weniger gefährlicher Mittel zurückzugreifen, wenn deren Wirkung für die Abwehr zweifelhaft ist (vgl. BGH NStZ 2002, 140, zit. n. Juris Rdnr. 8 mwN). Das Gesetz verlangt von keinem, der rechtswidrig angegriffen wird, ohne dass er den Angriff schuldhaft verursacht hat, dass er unter Preisgabe seiner Ehre oder anderer berechtigter Belange die Flucht ergreift oder auf andere Weise dem Angriff ausweicht, wenn nicht besondere Umstände vorliegen, welche das Notwehrrecht einschränken (vgl. BGH NJW 1980, 2263, zit. n. Juris Rdnr. 8).

Die Frage bzgl. Notwehrexzess bezieht sich darauf, ob er berechtigt war, nachdem die Räuber mit ihrer Beute die Flucht antraten, zu schießen. In den 70er Jahren hätten alle Richter dies bejaht. Sie hätten nicht mal den Schützen wegen illegalen Waffenbesitzes angeklagt. Denn so wurde damals Recht gesprochen.

Der Rentner hatte eine Todesangst wegen seiner Gebrechlichkeit und weil zwei Wochen vorher ein anderer Rentner bei so einem Überfall zu Tode kam. Die Frage ist, ob er in der Situation (er hielt die Softair der Angreifer für echt und die lag ja wohl auch in der Nähe des Getöteten), lediglich sein Hab und Gut (die 2000 Euro) oder sein Leben noch bedroht sah. Im ersteren Fall wäre es evtl. ein Exzess in zweiteren nicht.

Was ich von dem Urteil halte? Nix!

Ein Waffenbesitzer, der Waffen NICHT zur Selbstverteidigung, sondern nur wegen Jagd oder Sportschießen erhält, trainiert nicht vorab irgendwelche Notwehrsituationen. Der Richter ist bekloppt!

In einigen US-Staaten wären die Prostituierte und die vier Helfershelfer des Mordes angeklagt worden. Hätten die keinen Überfall vorab geplant, wäre der Junge nicht getötet worden.

Leider weiß ich zum aktuelle Stand auch nichts.

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Notwehrexzess? Genau das ist die Frage!

Natürlich haben wir ein Stand your Ground-Recht in Deutschland. Bei uns lautet das "Recht muss dem Unrecht nicht weichen".

...

Der Rentner hatte eine Todesangst wegen seiner Gebrechlichkeit und weil zwei Wochen vorher ein anderer Rentner bei so einem Überfall zu Tode kam. Die Frage ist, ob er in der Situation (er hielt die Softair der Angreifer für echt und die lag ja wohl auch in der Nähe des Getöteten), lediglich sein Hab und Gut (die 2000 Euro) oder sein Leben noch bedroht sah. Im ersteren Fall wäre es evtl. ein Exzess in zweiteren nicht.

Was ich von dem Urteil halte? Nix!

Ein Waffenbesitzer, der Waffen NICHT zur Selbstverteidigung, sondern nur wegen Jagd oder Sportschießen erhält, trainiert nicht vorab irgendwelche Notwehrsituationen. Der Richter ist bekloppt!

In einigen US-Staaten wären die Prostituierte und die vier Helfershelfer des Mordes angeklagt worden. Hätten die keinen Überfall vorab geplant, wäre der Junge nicht getötet worden.

Leider weiß ich zum aktuelle Stand auch nichts.

Das habe ich mir auch immer gedacht. Die GESETZLICHEN Vorgaben haben wir in Deutschland genau wie in den USA, manchmal (man glaubt es kaum) sogar lockerer! Siehe beispielsweise RN 472 im StGB-Grundlagen Standardwerk von Volker Krey.

-> https://books.google.de/books?id=fHfslhCe-XkC&pg=PA174&lpg=PA174#v=onepage&q&f=false Das ist / war ca. ein komplettes Jahrhundert Fakt.

Und daher wurden über Jahrzente auch nahezu alle Straftaten, bei denen sich auf - natürlich rechtmäßige - Notwehr beriefen wurde mehr oder weniger sofort eingestellt. Auch bei Trutzwehr. Das war einfach gängige Praxis.

Siehe noch den erschossenen Wilderer aus 1968 als wahllos herausgegriffenes Beispiel: https://www.jurion.de/Urteile/BGH/1968-05-10/4-StR-16_68

Wohl gemerkt, die gesetzlichen Grundlagen bestehen nach wie vor. Allerdings ist wohl gerade die Rechtssprechung diesbezüglich in einem eklatanten Umbruch -> siehe die Diskrepanz zwischen den Einschätzungen der unteren Instanzen, der StA und der Verteidigung und dem letztendlich obergerichtlichen Urteil in dem konkreten Fall. Das hieß Totschlag! Und das wissen natürlich auch die zukünftigen Täter, die dann sofort zum "Opfer" werden und sich in der Hoffnung ein zustimmendes Urteil zu finden durch die Instanzen klagen. Bei gewährter Prozesskostenbeihilfe bezahlt das sogar der Staat. Und das wirkliche Opfer kann 1.) selber zahlen und 2.) zittern und hoffen. Gerade deswegen ist es so wichtig, was nun letztinstanzlich hier rauskommt. Und daher meine Frage, was der aktuelle Stand ist.

Und aus meiner bescheidenen Sicht aus der Ferne war das Verhalten des Rentners kein Notwehrexzess, da von ihm keine Grenzen überschritten wurden. Das eigene Eigentum ist ganz klar ein notwehrfähiges Rechtsgut. Und der Lehrbuchfall mir dem vom Baum geschossenen "Kirschendieb" aus Reichsstrafgesetzbuchzeiten hat nicht das Notwehrrecht beim Kirschenklauen verneint, sondern lediglich die Flinte als in diesem speziellen Fall wegen eines extrem krassen Missverhältnisses der 5 Kirschen zum Leben des Diebes als nicht gebotenes Mittel gesehen. Ich meine mich zu erinnern, dass diese Missverhältnisgrenze bei der Gebotenheit im Laufe der Zeit auf ca. 200 EUR festgelegt wurde. Im konkreten Fall waren es aber 2.143 EUR (!) im Portemonnaie + Uhr und Kette.

Somit, laut Gesetz und div. Kommentare unter Vorbehalt, dass keiner von uns dabei war und sämtliche Infos nur aus den Medien stammen: :n07:

1.) rechtswidriger Angriff: Haken dahinter, auf das Eigentum

2.) gegenwärtig: Haken dahinter, denn die Beute war lange noch nicht von den Tätern gesichert und damit dauerte der rw Angriff noch an (anders wäre es z.B. gewesen, wenn der Rentner am nächten Tag einen der Täter vom Moped schießt)

3.) erforderlich: Haken dahinter. Es gab für ihn bei der Schussabgabe kein anderes Mittel um sein Eigentum nicht entgleiten zu lassen. Und er hat sicher nicht in Tötungsabsicht sondern in Eigentumssicherungsabsicht geschossen. Auf das Ergebnis hernach kommt es dann nicht an.

4.) geboten: Haken dahinter, da keine bloße Mini-Bagetelle (s.o.)

Somit eigentlich ganz klar Notwehr und kein Exzess und schon gleich gar kein Totschlag. Ich verstehe auch nicht, warum der eigene Anwalt noch versucht hat zu argumentieren, dass der Rentner gedacht habe, die Täter drehen sich in der Flucht nochmal um und schießen etc. pp. - das braucht es gar nicht für sein Recht.

Na ja, ich bin wirklich gespannt wie der BGH entscheidet, weil das ganz gewiss eine neue (oder bestätigende) Leitlinie für die Zukunft wird, an der sich zukünftige Richter orientieren werden - so oder so. :huh?:

PS: Entscheidend ist die weitere Ausrichtung der Justiz in jedem Falle für alle Legalwaffenbesitzer. Denn klar kann man sagen "der ist mit Bewährung (oder in einem anderen Fall mit einer Geldstrafe) nochmal gut aus der Nummer rausgekommen und soll froh sein, dass ihm letzendlich nichts passiert ist" -> aber was auch ein "Schuldspruch light" nach einem Notwehrfall für einen LWB mit sofortiger Kosequenz heisst, dass brauche ich glaube ich nicht zu erwähnen.

Bitte dranbleiben und sofort posten, wenn wer was weiß. Mann müsste sein zukünftiges Verhalten nämlich logischerweise nach diesem Urteil ausrichten.

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PS: Entscheidend ist die weitere Ausrichtung der Justiz in jedem Falle für alle Legalwaffenbesitzer. Denn klar kann man sagen "der ist mit Bewährung (oder in einem anderen Fall mit einer Geldstrafe) nochmal gut aus der Nummer rausgekommen und soll froh sein, dass ihm letzendlich nichts passiert ist" -> aber was auch ein "Schuldspruch light" nach einem Notwehrfall für einen LWB mit sofortiger Kosequenz heisst, dass brauche ich glaube ich nicht zu erwähnen.

Bitte dranbleiben und sofort posten, wenn wer was weiß. Mann müsste sein zukünftiges Verhalten nämlich logischerweise nach diesem Urteil ausrichten.

Bin über google draufgekommen. Auch meine Meinung. Besser hätte man es nicht ausdrücken können!

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Hier zumindest mal der Link zur stattgegebenen Klageerzwingung des Familienclans des Täters durch das OLG Celle mit ausführlicher Begründung:

-> Rechtsprechung der niedersächsischen Justiz

Zitat daraus: Dies ist jedoch ein Umstand, der den besseren Erkenntnismöglichkeiten der Hauptverhandlung überlassen werden muss.[...] Schließlich wird es aber bei der Würdigung der Frage der Erforderlichkeit entscheidend auf die Aussagen der Mittäter des Getöteten ankommen

Meine Gefühle dabei: :00000792: + :münze:

Danach und dadurch wurde das LG Stade gezwungen zu entscheiden, mit bekanntem Ausgang: Totschlag ohne jegliche Rechtfertigung durch Notwehr bzw. Notwehrexzess.

Hierzu gibt es zwar ein Aktenzeichen zum Urteil - 10a Ks 151 Js 32983/10 - aber immer noch keinerlei schriftliche Urteilsbegründung durch das Gericht. Urteil war bereits vom 27.10.2014.

-> LG Stade, 27.10.2014 - 10a Ks 151 Js 32983/10 - dejure.org

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Und dazu vielleicht noch nachgeschoben der beste, zusammenfassende Satz in diesem Zusammenhang in einem Kommentar zum Urteil von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, Lehrstuhl für Strafrecht, Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug an der Uni Regensburg. Der trifft es, wie ich finde, absolut und voll auf den Punkt.

"Dennoch scheint sich an diesem Fall erneut zu zeigen: Während das geschriebene Recht zur Notwehr einschließlich der schuldbefreienden ergänzenden Vorschrift zur Überschreitung derselben (§ 33 StGB) relativ weit ist – in der Lehre meist garniert mit dem Spruch „Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“, wird die Notwehr in der Rechtspraxis eher eingeschränkt ausgelegt, es sei denn, es handelt sich bei den Beschuldigten um Polizeibeamte."

(Überfallener 77jähriger erschießt einen flüchtenden Angreifer - Totschlag? | beck-community)

:rtfm:

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Hierzu gibt es zwar ein Aktenzeichen zum Urteil - 10a Ks 151 Js 32983/10 - aber immer noch keinerlei schriftliche Urteilsbegründung durch das Gericht. Urteil war bereits vom 27.10.2014.

-> LG Stade, 27.10.2014 - 10a Ks 151 Js 32983/10 - dejure.org

Ganz interessanter Nebenaspekt des Ganzen. Meines Wissens nach braucht es im Allgemeinen maximal etwa ein paar Monate (2-3), um eine Urteilsbegründung geschrieben zu bekommen. Gibt es dazu gesetzliche Fristen?

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Ganz interessanter Nebenaspekt des Ganzen. Meines Wissens nach braucht es im Allgemeinen maximal etwa ein paar Monate (2-3), um eine Urteilsbegründung geschrieben zu bekommen. Gibt es dazu gesetzliche Fristen?

Na ja, keine Urteilsbegründung des LG -> verzögert die Sache mit der Revision beim BGH -> der Herr ist gleich 82, krank, (noch nicht rechtskräftiger aber verurteilter) Totschläger mit bundesweiter "Berühmtheit", alleine und psychisch sehr angeschlagen, dazu eine Gedenkstätte gegen ihn vor seinem Haus -> wenn es den Herrn aus selbst- oder biologiebegründetem "Zeitablauf" (keine Ironie!) nicht mehr gibt vor einem BGH-Spruch, dann bleibt mangels Angeklagtem nur noch das Zurückfallen auf den Ist-Stand und dann bleibt das Anti-Notwehr-bahnbrechende LG-Urteil als Präzendenzfall für die Zukunft.

Ich will mir da jetzt keinen Reim drauf machen. Erst recht keine :vschwoer: herbeireden. Aber man wird sehen wo die Reise hingeht und wie schnell..... jedenfalls wünsche ICH ihm alle Kraft dieser Welt, viel Gesundheit und noch einen langen, unbescholtenen Lebensabend als (dann wieder) LWB und Jäger.

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Ich will mir da jetzt keinen Reim drauf machen. Erst recht keine :vschwoer: herbeireden. Aber man wird sehen wo die Reise hingeht und wie schnell..... jedenfalls wünsche ICH ihm alle Kraft dieser Welt, viel Gesundheit und noch einen langen, unbescholtenen Lebensabend als (dann wieder) LWB und Jäger.

Kann man da nichts machen??? Unterstützen? Die andere Fraktion hat doch auch Unterstützer ohne Ende! :icon_mad:

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Ob er aber den richtigen Anwalt hat .... kann ich nicht sagen

Zitat Homepage Kanzlei / Notariat:

Rechtsanwalt Dr. Jürgen Meyer

Fachanwalt für Strafrecht

Geboren 1965 in Varel/Friesland

Auch in diesem Jahr (wie schon im Jahr 2013) erfolgte die Aufnahme in die Focus Anwaltsliste: Focus Spezial Oktober/November 2014 “Deutschlands Top-Anwälte”

Zulassung als Rechtsanwalt und Aufnahme der anwaltlichen Tätigkeit in der Strafverteidigerkanzlei des Revisionsrechtlers Prof. Dr. Gunter Widmaier (Karlsruhe) im Jahr 1995. Seit Ende 1997 Rechtsanwalt in Verden. Seit 1999 „Fachanwalt für Strafrecht“ (Infos zum Fachanwalt für Strafrecht im Bereich "Service").

Verleihung des Doktortitels im Jahr 1999 auf dem Gebiet des Strafprozessrechtes

(Lehrstuhl Prof. Dr. Schreiber, Georg-August-Universität zu Göttingen)

Tätigkeit in der Rechtsanwaltsfortbildung seit 2004

Mitorganisator des "StPO-Nordseetreffens" von 2004 bis 2007 (Verein Deutsche Strafverteidiger e. V.)

Rechtsanwalt Dr. Jürgen Meyer ist Inhaber des Fortbildungszertifikats der Bundesrechtanwaltskammer und der Fortbildungsbescheinigung des Deutschen Anwaltvereins

Rechtsanwalt Dr. J

So arg viel besser könnte ich mir einen Anwalt in dieser Hinsicht nicht vorstellen... :eusa_think:

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Einen guten Schuss Waffenrecht vielleicht noch dazu? :rolleyes:

Zuviel ist ja auch nicht immer gut. Siehe manchen "Landanwalt" mit diversen "Spezialgebieten". Beim Vorwurf des Totschlags wäre mir ein ausgewiesener Fachspezialist im Strafrecht wie der Herr Dr. hier allemal lieber... zumal das Waffenrecht ja hier kaum eine Rolle spielt. Geht ja ausschließlich um §§32 (evtl. noch 33) StGB ja oder nein. Daran - und nur daran - hängt und fällt alles. Und dieser Präzendenzfall kann in Zukunft JEDEN von uns direkt betreffen bei der Abwägung einer eventuellen Reaktion (so sehr ich auf ein Nichteintreten hoffe).

Und wo bleiben die Schützen-, Jäger- etc. -Verbände? Habe in diesem Zusammenhang noch nirgendwo etwas gelesen, das - wenn überhaupt - über eine steril-sachliche Kurzinfo hinausgegangen ist. Seit Jahren nicht. :nö:

So ungern ich es sage: das macht grün besser, wenn es um etwas geht. Viel besser. Viel lauter. Viel erfolgreicher. Leider.

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Ich würde für alle Fälle, die Waffenrecht betreffen, RA Carcano (aus diversen Foren bekannt und berüchtigt) bevorzugen.

Der ist kantig, ausgesprochen unhöflich aber dafür fachlich Spitze. Genau der Typ, der dich aus der Sch.... rausboxt.

Eine Beurteilung basierend auf Erfahrung?

Dass es hier eben nicht um Waffenrecht geht hast Du natürlich schon berücksichtigt?

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Wenn der Anwalt im ersten Prozess Ahnung vom Waffenrecht (mit seinen Nebenbestimmungen) gehabt hätte, hätten die weiteren Prozesse in der Form wahrscheinlich gar nicht stattgefunden.

Bitte nochmal: :stop: es gab nur EINEN Prozess! Es gab nur EINE Hauptverhandlung. Es gab nur EIN Urteil. Der Tatvorwurf lautet Totschlag, da hilft das Waffengesetz 0,0%. Die Waffe hat er legal besessen. In Anbetracht von Totschlag wäre zudem eh jeder WaffG-Verstoß so subsidiär, dass er für das Strafmaß keinerlei Rolle spielt. Und die Anwendung war entweder Notwehr oder nicht - Notwehr ist eine rein strafrechtliche Bestimmung. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen! So wurde er denn dann auch "NUR" wegen Totschlags verurteilt und nicht wegen eines waffenrechtlichen Deliktes. Was hätte hier denn ein Waffenrechts-Fachanwalt noch mehr erreichen sollen als die eh schon erfolgte Nichtverurteilung wegen eines waffenrechtlichen Delikts? Einen Abzugsbonus für den Totschlag?:3???:

Was natürlich immer stimmt ist die Tatsache, dass man nie genug Kenntnis im Waffenrecht haben kann. :up:

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