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Spucken ins Gesicht führt zu Brechreiz: Noch nicht zwingend eine Körperverletzung!


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Ein Angeklagter, der einen Polizisten übelst beschimpft und dann auch noch ins Gesicht spuckt. Der Polizist ekelt sich und hat einen Brechreiz. Der BGH musste sich damit befassen, ob solche Feststellungen auch für eine Körperverletzungsverurteilung ausreichen. Nein, meinte der BGH. Jedenfalls im subjektiven Bereich bedarf es weiterer Feststellungen:

 

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung
(Fall II. 1. der Urteilsgründe) sowie wegen Beleidigung in Tateinheit
mit Körperverletzung (Fall II. 2. der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die wirksam auf die Verurteilung
in Fall II. 2. der Urteilsgründe beschränkte, auf die Rüge der Verletzung
materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
1. Insoweit hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte am
12. Dezember 2014 den Kriminalhauptkommissar S. zunächst unter anderem
mit den Worten "Arschloch" und "Wichser" titulierte und sodann zweimal in
dessen Richtung spuckte, wobei der zweite Auswurf diesen im Gesicht traf.
Dies erzeugte beim Beamten starke Ekelgefühle und Brechreiz, die bis in die

Abendstunden anhielten. "Bei seinem Handeln wollte der Angeklagte den Zeugen
[…] in dessen Ehre herabsetzen, ihn erniedrigen und nahm die bei diesem
eingetretenen Ekelgefühle billigend in Kauf".
2. Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Körperverletzung
nicht. Sie belegen zwar den objektiven, nicht jedoch den subjektiven Tatbestand
des § 223 Abs. 1 Alternative 1 StGB.
Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung,
die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt (st.
Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Januar 1974 - 3 StR 324/73, BGHSt 25,
277). Seelische Beeinträchtigungen als solche genügen nicht; nötig sind vielmehr
körperliche Auswirkungen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2012
- 2 StR 60/12, NStZ-RR 2012, 340). Danach erfüllt vorliegend zwar nicht die
bloße Erregung von Ekelgefühlen (aA RG, Urteil vom 30. Mai 1910 - 3 D
359/10, GA 58, 184, 185; dagegen schon OLG Zweibrücken, Beschluss vom
18. Juni 1990 - 1 Ss 238/89, NJW 1991, 240, 241), jedoch das Hervorrufen von
Brechreiz das Tatbestandsmerkmal (vgl. zu durch Angst hervorgerufene Magenschmerzen
BGH, Urteil vom 15. Oktober 1974 - 1 StR 303/74, MDR 1975,
22; insgesamt S/S-Eser, StGB, 29. Aufl., § 223 Rn. 4).
Einen auf die Verursachung von Brechreiz bezogenen Vorsatz des Angeklagten
hat die Strafkammer indes nicht festgestellt, weshalb die Verurteilung
wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung keinen Bestand haben kann. Den entsprechenden
Schuldspruch gemäß dem Vorschlag des Generalbundesanwalts
entfallen zu lassen, kommt allerdings nicht in Betracht. Selbst wenn weitere
Feststellungen zu einer zumindest billigenden Inkaufnahme nicht zu erwarten
wären, stünde jedenfalls eine fahrlässige Körperverletzung im Raum (§ 229
StGB).

3. Die deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch die in Tateinheit
zur Körperverletzung stehende, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellte
Beleidigung (vgl. KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). Der
Wegfall der Einzelstrafe bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe.

 

BGH, Beschluss vom 18.8.2015 - 3 StR 289/15 

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Die Anklage lautete auf auf VORSÄTZLICHE Körperverletzung. Da der Vorsatz nicht zu beweisen war, konnte auf dieser Basis nicht verurteilt werden. 

Es ist kein Freispruch. Dieser Teil des Urteils wurde kassiert und muß neu verhandelt werden.

Ich kenne den deutschen Terminus nicht, in Österreich, heißt es in einem solchen Fall: Zurückverwiesen an die erste Instanz.

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