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Wochenendrätsel 05/2006


corrado26

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Damit die Herrschaften nicht aus der Übung kommen, nachfolgend zwei Bilder mit zwei Pistolen aus unterschiedlichen Ländern. Die obere Pistole kommt aus einem deutschen Staat und ich möchte gerne wissen,

1. wo wurde sie gefertigt und

2. wann war das

Die untere Pistole kommt aus Frankreich, wurde aber für einen ganz bestimmten Zweck produziert. Meine Frage ist, wozu diese Pistole gefertigt wurde.

Gruß

corrado26

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hmmmmmm, kniffelig....

die obere ist in der Lienienführung irgend wie bayrisch... nur das Gegenblech "stört" mich für eine Amberger Fertigung... wie wäre es mir Fortschau? wobei glaube ich auch die Österreicher solche Gegenbleche hatten.....

Wegen dem franzoßen.... [s:3f391b2dbe]eine ganz verrückte Idee... zum "schussfestmachen" der Pferde?[/s:3f391b2dbe] edit, ne gefertigt für die Kolonien.....

grüße

Peter

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(Noch) keine Idee.

Auffällig ist für mich, daß beide Pistolen Messingpfannen haben.

[s:173a5b133b]Ist eine davon, die untere, eine bayerische M/1804?

(Aber dann müßte ja auf dem Schloßblech das A oder Amberg im Halbkreis aufgestempelt sein)[/s:173a5b133b]

Quatsch. Die kommt ja aus Frankreich lt. Aufgabenstellung.

Also bin ich wieder mal an Eurer Kompetenzgrenze angelangt!?!. Macht aber nix, man kann ja dazulernen, gell?

Die obere Pistole kommt tatsächlich aus Bayern, aber nicht aus Amberg und die untere Pistole ist in Frankreich tatsächlich für die Kolonien gefertigt worde, für welchen Zweck aber?

Gruß

corrado26

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Wenn Bayerisch, dann in 99% entweder Amberg oder Fortschau.

Das "Armaturenwerk Fortschau" (Oberpf.) wurde 1680 errichtet, hat aber nie eine große Menge Waffen produzieren können.

fortsch.jpg

1801 wurde das Fortschauer Werk aufgelöst und in Amberg eine neue Gewehrfabrik errichtet, die aber in den ersten Jahren weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Nun mußten wieder die Fortschauer Waffenmeister aushelfen. Von Kemnath aus lieferte man noch bis 1814 Gewehre an die Zeughäuser. Nach der napoléonischen Ära mit ihren langandauernden Kriegen blieben allerdings nur noch wenige Büchsenmacher in Fortschau und Kemnath, wo sie Jagdgewehre anfertigten.

http://www.hakkem.de/fortscha.htm

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"1801 wurde das Fortschauer Werk aufgelöst und in Amberg eine neue Gewehrfabrik errichtet, die aber in den ersten Jahren weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Nun mußten wieder die Fortschauer Waffenmeister aushelfen. "

Genau in dieser Zeit, nämlch 1806 erhielten die Fortschauer Meister Aufträge aus München zur Fertigung von unter anderem 1000 Paar Pistolen, zu deren Produktion auch Teile von alten, österreichischen Waffen zu verwenden waren. So ist das Schlossgegenblech der fraglichen Pistole, die dieser Fertigung zuzuschreiben ist, ganz eindeutig von einer österreichischen Pistole M 1774.

Im übrigen: Besonderes Kennzeichen nahezu aller bayerischer Vprderlader dieser Zeit war der mit einer Feder an der Schaftunterseite fixierte Laufring.

Gruß

corrado26

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OK, wenn also das Geheinmis der Bayerischen Waffe gelöst ist - was hat es nun mit der franzinösischen auf sich?

Fassen wir zusammen:

- Steinschloß Messingpfanne

- Schäftung bis zur Mündung

- ein furch Federn gehaltener Laufring aus Me

- Riemenöse

- vermutlich glatt; kein Visierung

- kein Ladestock - der war wahrscheinlich extra versorgt

- in den Frz. Kolonien eingesetzt

Die Form läßt mich vermuten, daß die Pistole so konstruiert wurde, um leichter irgendwo ein- und wieder ausgefädelt zu werden; evtl. in ein Holster oder eine Tasche oder oder oder?

Die Öse zum Befestigung eines Riemens sagt mir, daß die Waffe im Einsatz ansonsten leicht verloren gehen konnte.

Aber - was ist nun der spezielle ganz besondere Einsatzzweck???

Mal sehen, ob unsere Phantasie das Rätsel löst. :?

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Als französische Kolonien der damaligen Zeit gab es

- Frz.-Indien

- Frz.-Guayana

sowie die superkleinen Enclaven

- Dorf Albreda

- Mahé

Die anderen Kolonien (Dschibuti, Frz.-Westafrika, Frz.-Nordafrika, Frz.-Äquatorialafrika, Madagaskar, ...) wurden erst ab der 2. Hälfte des 19, Jhds. erworben.

Wenn man das Buch "Udo Lander/Fred Höfele , Französische Ordonnanzpistolen 1733-1870" hätte, wäre das sicher ganz einfach. :D

Die gezeigte Kolonial-Pistole ist jedenfalls von der frz. Ordonnanzpistole M 1763/66 inspiriert, allerdings ist der Griffwinkel steiler (moderner) und der Schaft gänzlich anders.

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Da offensichtlich niemand mehr einen Idee zu der französischen Pistole hat, möchte ich die offenen Fragen beantworten:

Diese Pistole zeigt deutliche Übereinstimmungen mit der französischen Kavalleriepistole M 1822, sieht aber dennoch auffallend anders aus. So handelt es sich beim an dieser Waffe verwendeten Steinschloss eindeutig um ein solches des Modells 1822 - die Pfanne und die oben abgewinkelte Batterie zeigen dies. Auch die Kolbenkappe mit dem Fangring stammen von diesem Modell. Der Vorderschaft dagegen, der fast bis zur Mündung reicht und der ungewöhnliche Laufring aus Messing mit seiner noch ungewöhnlicher positionierten Haltefeder geben doch erhebliche Rätsel auf. Wenn man dann noch die nicht gravierte, sondern offensichtlich mit einem Stempel eingeschlagene Herstellerbezeichnung der Manufaktur St.Etienne auf dem Schlossblech in seine Überlegungen mit einbezieht, wächst die Skepsis ins beinahe Grenzenlose und gipfelt in der Feststellung "Das kann doch nur eine ganz billige Fälschung sein".

Ganz so falsch ist diese Feststellung in Wirklichkeit überhaupt nicht! Zwar handelt es sich um keine Fälschung, aber "billig" war diese Pistole auf jeden Fall. In Frankreich wurde die Kategorie dieser billigen Waffen als "Armes de Traite", also als "Waffen für den Handel" bezeichnet, womit bevorzugt der Handel mit den überseeischen Kolonien gemeint war, den natürlich nicht nur Frankreich betrieb, sondern auch alle anderen Kolonialstaaten. Nun wird auch klar, warum diese Waffen billig zu sein hatten: Das ökonomische Prinzip, welches auf dem Gegensatz von minimalem Aufwand zu maximalen Gewinn basiert, war das Grundprinzip, nach dem während der Kolonialzeit in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts die Kolonien behandelt wurden. Man investierte nur das Allernötigste und zog damit riesige Gewinne an Land.

Eine dieser Minimalinvestitionen waren Feuerwaffen billigster Machart für die Eingeborenen, denen man auf gar keinen Fall moderne, für die Kolonialherren viel zu gefährliche Patronenwaffen überlassen wollte. Die Vorderlader taten es ja auch. So wurden aus in den Manufakturen offensichtlich noch zahlreich vorhandenen alten Teilen tonnenweise Gewehre und Pistolen, bevorzugt mit Steinschlosszündung hergestellt und den Eingeborenen als großzügige Tauschware oder Staatsgeschenke überlassen. Die Fabrikation dieser speziellen Waffen hatte im Jahre 1858 in der Manufaktur St.Etienne begonnen und blieb auch auf diese Manufaktur begrenzt.

Um eine solche Kolonialpistole handelt es sich beim hier abgebildeten Stück. Größere Mengen davon waren offensichtlich sogar noch nach der Jahrhundertwende vorhanden, zumindest wurden diese Steinschloßpistolen noch im Jahre 1911 selbst in deutschen Versandkatalogen zu ganz geringen Preisen zum Verkauf angeboten.

Alle Klarheiten beseitigt?

Gruß

corrado26

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Also sozusagen inspiriert durch die Indian Trade Musket?

Aber die Steinschlosszündung hat für "den Busch" schon einige logistische Vorteile. Patronen und Zündhütchen sind mit low tech schwer herzustellen, Wegwerfware (nicht die Hülsen, klar!), Flints und SP sind da kompatibler zu den einfachen Verhältnissen.

@Corrado26: Deine Rätsel - und vor allen die Auflösungen - sind schon genial! :!: Bitte weitermachen! :hail:

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