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Pyro Defender – und ab in den Knast?


rajede

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Hat eine Zulassung BAM Klasse 1 als Kleinstfeuerwerk

Hat eine Zulassung BAM Klasse 1 als Kleinstfeuerwerk

Angeblich sind die Dinger frei verkäuflich ab 18 inkl. BAM Zulassung (BAM-P1-0831 2.3/1291/15).

Tatsächlich dürften sich die Besitzer strafbar machen und wer so ein Ding führt geht das Risiko einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe ein.

Auch Händler, die das Ding an Verbraucher verkaufen, werden sich mit den Strafverfolgungsbehörden auseinandersetzen müssen.

Was ist das für ein Ding?

Klein und handlich. Letztlich nur ein Griff mit Abzug. Es verfügt über ein wechselbares Magazin mit drei Schuss 14.3mm Flashbang-Kartuschen, die mittels einer elektronischen Zündung abgefeuert werden und dabei eine kombinierte Wirkung von Licht und Knall entwickeln, die beim Angreifer zu einem vorübergehenden Verlust der Orientierung führen sollen. Die Lautstärke soll bis zu 150 db betragen.

Und da gibt es Leute, die behaupten, das Ding unterliege nicht dem Waffengesetz.

Ich denke, das ist quatsch.

Den Schußwaffen gleichgestellte Gegenstände unterliegen dem Waffenrecht, denn diese sind Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG.

In der Anlage 1 zum Waffengesetz sind Schußwaffen und ihnen gleich gestellte Gegenstände wie folgt definiert:

1. Schusswaffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1
1.1 Schusswaffen
Schusswaffen sind Gegenstände, die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Jagd, zur Distanzinjektion, zur Markierung, zum Sport oder zum Spiel bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden.
1.2 Gleichgestellte Gegenstände
Den Schusswaffen stehen gleich tragbare Gegenstände,
1.2.1 die zum Abschießen von Munition für die in Nummer 1.1 genannten Zwecke bestimmt sind,

Also handelt es sich um einen den Schußwaffen gleichgestellten Gegenstand, sofern er zum Abschießen von Munition bestimmt ist.

Was Munition ist, erklärt der Gesetzgeber in der Anlage 1 zum Waffengesetz unter Abschnitt 1 Unterabschnitt 3:

1. Munition ist zum Verschießen aus Schusswaffen bestimmte
1.1 Patronenmunition (Hülsen mit Ladungen, die ein Geschoss enthalten, und Geschosse mit Eigenantrieb),
1.2 Kartuschenmunition (Hülsen mit Ladungen, die ein Geschoss nicht enthalten),
1.3 hülsenlose Munition (Ladung mit oder ohne Geschoss, wobei die Treibladung eine den Innenabmessungen einer Schusswaffe oder eines Gegenstandes nach Unterabschnitt 1 Nr. 1.2 angepasste Form hat),

Ohne Zweifel handelt es sich um einen einer Schußwaffe gleichgestellten Gegenstand. Genauer um einen sogenannten Notsignalgeber, der kein eigenes Patronen- oder Kartuschenlager besitzt und keine Geschosse verschießt.

Dies sieht wohl auch die Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz so. [1]

Ich gebe es zu: das Waffenrecht ist viel zu kompliziert. Selbst Bundesbehörden verstehen es nicht.

Gegenüber der Tagesschau (Sendung v. 07.10.2016 12:00h) hat das BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung), zuständig für die Pyrotechnik erklärt:

Der Pyro-Defender ist aus hiesiger Sicht keine Waffe (…) im Sinne einer waffenrechtlichen Zuordnung. Das Auslösegerät hat weder einen Lauf, noch efolgt ein Ausstoß von Gegenständen (Munition).

Tja, meine Damen und Herren, wie wir oben gelernt haben, ist die Sache mit dem Lauf nur die halbe Wahrheit (Nr. 1.1); ein tragbarer Gegenstand zum Abschießen von Munition (Nr. 1.2.1) erfüllt auch die Definition. Ist also nix mit Lauf. Der ist nur Voraussetzung für die Schußwaffe, nicht für die den Schußwaffen gleichgestellten Gegenstände.

Tja, und der Ausstoß von Gegenständen (das Gesetz spricht von Geschossen) ist auch nicht das Merkmal aller Munitionsarten, Kartuschenmunition ist Munition, die ein Geschoß nicht enthalten (vgl. oben Nr. 1.2 im Unterabschnitt 3 der Anlage 1 zum Waffengesetz).

Wer soll denn da noch durchblicken wenn das BAM nicht mal mehr freie Sicht hat und eine Zulassung „pyrotechnische Gegenstände für sonstige Zwecke mit geringer Gefahr – erhältlich ab 18“ erteilt?

Der Bericht der Tagesschau zeigt in einem Versuch die extreme Gefährlichkeit des Pyro-Defender und ein Kurzinterview mit mir

Tagesschau 07.10.2016 12:00

Tagesschau 07.10.2016 12:00

Und eine witzige Seite hat das Ganze auch. Der Importeur (der nebenbei ein erhebliches Haftungsrisiko eingeht) erklärte:

Jedes Brotmesser kann gefährlich sein!

Recht hat er! Die Schnitte mit Jedes Brotmesser sind besonders schmerzhaft und heilen schlecht, wie jeder aus der Familie Jede bestätigen wird.

Wer allerdings unsere Brotmesser ohne berechtigtes Interesse auf der Straße spazieren führt, geht nur das Risiko eines Bußgeldes ein. Wer den Pyro-Defender mit berechtigtem Interesse ohne Waffenschein im Handschuhfach des Autos herumfährt, riskiert eine erhebliche Freiheits- oder Geldstrafe.

Fazit: Das Gesetz umfaßt diese Geräte und droht für den unerlaubten Umgang mit ihnen erhebliche Strafen an. Es mangelt wie so oft am Gesetzesvollzug.

  1. [1] Ausführungen zu Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 2.8:

    Sogenannte Notsignalgeber, die kein eigenes Patronen- oder Kartuschenlager besitzen, sind nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 1.2.1 als tragbare Gegenstände zum Abschießen von Munition den Schusswaffen und somit den Signalwaffen gleichgestellt.

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